Video: Das Schicksal von Lena. Flüchtling aus Mariupol. „Asow-Kräfte benutzten uns als menschliche Schutzschilde, töteten Menschen und haben ganze Stadt vernichtet.“

Der aus dem Südosten der Ukraine tagesaktuell Bericht erstattende und dortig ansässige US-amerikanische Kriegsreporter, Patrick Lancaster, befindet sich derweil im umkämpften Mariupol und fängt dortig bildgewaltige und erschütternde Eindrücke von den lokalen Kriegsgeschehnissen ein.

Wobei Lancaster fortwährend Binnenflüchtlinge interviewt, um deren Sichtweisen und Erlebnissen Gehör zu verschaffen. In einem kürzlich befreiten Dorf in Mariupol haben Kräfte der Volksrepublik Donetsk und russische Einheiten ein Flüchtlingscamp eingerichtet, wo Geflohene aus der Hafenstadt unterkommen und der besagte US-Reporter ein Gespräch mit einer Frau namens Lena führte.

Was sie über den Kriegsausbruch in Mariupol zu berichten hatte, geht durch Mark und Bein und ist nichts für schwache Nerven. Während Lena ihre Last von der Seele redet, steht ihr die Ungewissheit und Angst ins Gesicht geschrieben.

Im Westen und darüber hinaus werden rechtsextreme Asow-Soldaten als Helden gefeiert und die ADL hat gar ihren Segen gegeben. Lassen Sie diese nichtigen und revisionistischen Hintergrundgeräusche einmal außen vor und lesen Sie was Lena von dem Asow-Regiment hält.

Wir haben ihre Angaben kommentarlos ins Deutsche übersetzt, damit sich jeder Leser selbst ein Bild machen kann. Siehe unten.

Können Sie mir sagen wie es in Mariupol war?

Sie begannen damit die Stadt massiv zu bombardieren. Zunächst war es nicht allzu beängstigend. In den ersten Tagen schien es so, als würde es schnell vorüber gehen. Doch als die Fensterscheiben der Wohnungen durch die Bombeneinschläge bereits zerborsten waren, mussten wir uns in den Bunker und in die Keller zurückziehen. Wir haben einen Monat in einem Luftschutzbunker ausgeharrt. 160 Personen in einem sehr kleinen Raum. Ohne Licht, Wasser und ohne Nahrung. Wir tranken Schnee- und Regenwasser. Wir fanden versifftes technisches Wasser und tranken es und gaben es auch unseren Kindern zum Trinken. Jedesmal schossen Azow-Kämpfer auf uns.

Asow? –

Ja sie standen in unseren Höfen, eröffneten das Feuer und erregten Aufmerksamkeit. Sie wussten ganz genau, dass sie die Einwohner als Schutzschilde benutzen. Sie nahmen uns als Deckung. Sie wussten, dass russische Truppen nicht auf Zivilisten schießen würden. Deswegen haben sie sich in Häusern eingenistet, schmissen Menschen aus ihren Wohnungen und schossen von dort aus um sich, oder taten sonstwas. Sie benutzten uns einfach als Deckung. Gleichzeitig zerstörten sie alltäglich Häuserblocks. Sie brandschatzten, schossen und töteten. Sie schossen auf Menschen. Beispielsweise wenn man vor die Tür tritt, um ein Feuer zu machen, es gibt schließlich keinen Strom und der Kontakt zu Verwandten ist ebenfalls abgeschnitten, und man muss dieses rostige Wasser zumindest aufkochen, um sich nicht zu vergiften und zu sterben. Wenn man nach draußen geht um Feuer zu machen, schießt jemand mit einem Maschinengewehr auf deine Beine und man rennt rein. Um das Wasser aufzuwärmen tritt man 50 mal vor die Tür und rennt jedesmal wieder rein, sobald man Schüsse hört. Die Leute sind in Luftschutzräumen dahingerafft. An dieser Stelle kocht man Essen und hier begräbt man auch die Menschen. Dort wo wir unterkamen, verstarb eine alte Dame. Sie konnten sie zwei Tage lang nicht beisetzen. Für zwei Tage, lag sie tot neben uns, weil der Hof bombardiert wurde und es nicht möglich war den Bunker zu verlassen, um die alte Dame zu begraben. Sie lag einfach da. Eine Leiche inmitten all dieser Menschen.

– Wer sind diese Asow-Mitglieder? –

Ich weiß es nicht, einfach Verbrecher, zombifizierte Menschen. Ich weiß es nicht. Ihr Ziel war es die Stadt zu vernichten. Das ist alles. Und sie haben sie vernichtet.

– Gehören sie zu den ukrainischen Truppen? –

Ja irgendwas in diese Richtung.

– Warum sind Sie nicht früher geflüchtet?-

Weil wir Angst hatten uns auf den Weg zu machen. Wir hatten keinerlei Informationen. Wenn sie uns doch informiert hätten, wenn sie Flugblätter aus einem Flugzeug abgeworfen hätten, dass eine Evakuierung bevorsteht. Man wusste nicht, ob es möglich war evakuiert zu werden und wohin man gehen sollte. Es gab Gerüchte, dass Familien auf der Flucht in ihren Wagen erschossen wurden. Männer wurden getötet, die Autos entwendet. Es ist ein großes Risiko. Jeder bangte um sein Leben. Jeder hatte Angst den Keller zu verlassen, um nicht getötet zu werden. Doch als die Lage extrem lebensbedrohlich wurde, mussten wir es riskieren. Ja Ja, Nein Nein. Wenn sie uns auf dem Weg töten, werden sie uns töten. Wenn sie uns nicht umbringen, dann halt nicht. Letztlich schafften wir es hierher.

– In der westlichen Ukraine, in Europa und den USA sagen sie, dass das Asow-Regiment versucht den Leuten etwas Gutes zu tun.-

Sie versuchen gar nichts. Ich weiß nicht wer das versucht. Asow tötet Menschen und zerstört die Stadt. Das ist alles! Meine Eltern sind dort geblieben. Ich weiß nicht was aus ihnen geworden ist. Mein Vater ist gelähmt und kann nicht evakuiert werden. Der Mann ist seit 6 Jahren bettlägerig. Ich kann ihn nicht hochheben und ihn zur Grenze schleppen um ihn herauszuschaffen. Er ist entweder an Hunger gestorben, oder in einem zerbombten Haus zu Tode verbrannt. Ich habe keine Ahnung was mit ihm geschehen ist. Es gibt keine Verbindung. Nichts. Mir ist das Schicksal vieler Menschen unbekannt. Mein Sohn ist verloren gegangen. Er ist in die andere Richtung gegangen und kürzlich erreichte uns die Nachricht, dass er bereits geflüchtet ist und die Grenze überquert hat. Er ist bereits auf dem Weg nach Europa. Gottseidank wurde er gerettet. Zumindest habe ich einen Monat später erfahren, dass mit meinem zweiten Kind alles in Ordnung ist. Einen Monat lang wusste ich nicht, wo er sich aufhält und ob er noch am leben ist.

– Mit wie vielen Kindern sind sie hier? –

Ich bin mit einem Kind hier und das zweite ist bereits ausgereist, wie ich herausfand. –

-Was denken Sie sollte der Westen, Europa und die USA über diesen Krieg erfahren? –

Ich weiß es nicht. Ich habe keine Informationen. Wir schauen keine Nachrichten. Es gibt keine Verbindung, also kann ich auch nicht sagen, welche Art von Nachrichten sie haben. Ich weiß überhaupt nichts.

– Was planen sie als Nächstes? Wo möchten sie hin?-

Momentan wissen wir noch gar nichts. Nun warten wir ab, um uns zu registrieren und irgendwo hinzugehen, weil es kein Zurück mehr gibt. Und ich weiß nicht wohin. Wenn es klappt wollen wir nach Europa, um Dokumente zu bekommen, damit wir zu unseren Verwandten können.

– Wie finden Sie es hier?-

– Das ist ein Kindergarten.-

Wie fühlen Sie sich hier?-

Natürlich gut. Entweder man bleibt mit einem Kind auf der Strasse oder hier. Frauen und Kinder sind hier untergebracht. Sie bekommen einen Schlafplatz und was zum Essen. Das ist sehr gut. Vielen Dank dafür.

– Wie heißen sie?-

Lena.

Aut.Übers. R.R.

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