Idlib- Türkische Kräfte und Al-Qaida demonstrieren Einigkeit. Business as usual

Die türkische AKP-Regierung erkennt den Al-Qaida Ableger Hayat Tahrir al-Sham (Al-Nusra, Al-Qaida, HTS) zwar mittlerweile über ein Jahr offiziell als Terroristen-Organisation an. Nichtsdestotrotz hat sich an der wechselseitigen Beziehung der beiden koalierenden Entitäten, kaum etwas geändert. Ankara war ohnehin nicht begeistert davon die HTS fortan als Terror-Herd zu listen, musste dennoch klein beigeben zumal die Trump-Administration den Al-Qaida-Ableger kurz zuvor abgesägt hatte.

Ewig gleichklingende türkische Beteuerungen, von wegen man werde sich der HTS in Idlib zeitnah annehmen, stehen seit dem ersten trilateralen Treffen des Astana-Formats (Russland, Türkei, Iran) im Raum. Dahingehend ist jedoch rein gar nichts geschehen. Im Gegenteil, mehrere Idlib betreffende russisch-türkische Vereinbarungen zwecks der Ausmerzung der HTS, sind im Sande verlaufen. Zumal Ankara sich kontinuierlich querstellt seinen eigenen Verpflichtungen nachzukommen, und stattdessen auf die Absetzung der syrischen Regierung baut.

Unmittelbar nachdem der Kreml und die Erdogan-Regierung im vergangenen Jahr abmachten, dass eine Pufferzone ringsum Idlib geschaffen werden soll, aus der sämtliche terroristischen Auswüchse samt Waffen sich zurückzuziehen haben, holte die Al-Nusra zum Rundumschlag aus und einverleibte beinahe das gesamte vorgesehene Gebiet.

Anstatt diesem Trend entgegenzuwirken, versuchte die AKP-Regierung den Al-Qaida Ableger in eine seiner Jihadisten-Dachverbände (Freie Syrische Armee (FSA), Nationale Befreiungsfront (NLF) Syrische Nationalarmee (SNA) ) einzugliedern. Die HTS und zahlreiche andere Al-Qaida-Metastasen lehnten kontinuierlich ab, einschließlich der Horas al-Din und die von Erdogan nach Syrien importierte uigurische Islamistische Turkestan Partei (TIP).

Infolge der kläglich gescheiterten Versuche den Namen der HTS und ihrer Klone reinzuwaschen indem man sie einfach einspannt, legte Ankara seine Hände wieder in den Schoss und ließ den Dingen ihren Lauf. Auch Russland hat von seinem türkischen Astana-Partner bislang nicht abverlangen können, mit der Al-Qaida zu brechen. Was überwiegend darauf zurückzuführen ist, dass Ankara in seinem verdorbenen Söldner-Kader salafistische Extremisten aller coleur vereint. Nicht zu vergessen haben sämtliche auf syrischem Boden ihr Unwesen treibende Terroristen-Gruppierungen und die Erdogan-Regierung denselben Feind, was sie zu Verbündeten macht. Dies erklärt auch den Unwillen, sich der Al-Qaida anzunehmen. Letzterer ist bekanntlich ein Auswuchs der CIA-nahen Muslimbruderschaft, die wiederum Erdogans ideologische Brutstätte darstellt.

Angesichts jener Schützenhilfe fühlt sich die HTS unentwegt dazu ermutigt militärisch ihre Grenzen auszutesten. Scharmützel gegen die syrische Armee und Raketenangriffe auf zivile Wohngebiete, sind an der Tagesordnung. Derartig inakzeptable Zustände zwingen Moskau und Damaskus stetig zum handeln, und werden eher früher als später die unvermeidbare Großoffensive auf das Herzstück des Kalifats heraufbeschwören.

Im Spätsommer diesen Jahres gab es für die HTS bereits eine Kostprobe von ihrem bevorstehenden Schicksal. Ankara vorführend wie man mit Al-Qaida Terroristen wahrhaftig umzuspringen hat, eroberten syrisch-russische Kräfte blitzartig den nördlichen Teil von Hama, und den Süden Idlibs zurück. Anhand dilettantischer Rettungsversuche wollte Ankara das Ruder nochmals herumreißen. Vergebens! Die Islamisten hatten in diesem Landesteil ausgespielt. Daraufhin erwirkte die AKP eine weitere Feuerpause für den Großraum Idlib, um der türkisch-russischen Vereinbarung und der Etablierung der „entmilitarisierten-Zone“ weitere Zeit einzuräumen. Mit anderen Worten, um wertvolle Zeit zu schinden und den Untergang der HTS unnötig hinauszuzögern.

Doch dämmerte es Erdogan zu diesem Zeitpunkt bereits, dass er die Russen nicht ewig an der Nase herumführen kann. Demnach lenkte er die Aufmerksamkeit verstärkt auf den Nordosten Syriens, wo er ehe seit langem einfallen wollte, um unter den Vorwand der Terrorismus-Bekämpfung einen 600 km langen und 30 km breiten Grenzstreifen zu annektieren. Wofür ihn die USA vergangenen Monat grünes Licht gaben.

Im Vorfeld der türkischen Militäroperation „Friedensquelle“ hatte Ankara kontinuierlich Jihadi-Kräfte zentralisiert, um den Anschein zu erwecken es befehlige tatsächlich eine nationale Streitkraft, die für ihr Land in den Krieg zöge. Doch die nationalistischen Brigadenamen und das Camouflage, können nicht darüber hinwegtäuschen welche Art von Söldner auf Ankaras Gehaltsliste stehen. Der Name Gotteskrieger erläutert treffend, für wen die türkisch gestützten Schergen die Waffen erheben.

Die neuste Version des jihadistischen Zentralorgans, nennt sich die Syrische Nationalarmee (SNA), unter derer Schirmherrschaft mindestens 30 hartgesottene Islamisten-Fraktionen kämpfen, darunter die Jaish al-Islam und die Ahrar al-Sham.

Das Ablenkungsmanöver im Norden hat seine Wirkung definitiv nicht verfehlt. Infolge des abgekarteten Spiels zwischen den USA und der Türkei, war die Weltaufmerksamkeit ausschließlich auf den neu kreierten Kriegsschauplatz konzentriert, und damit einhergehend sind Moskau und Damaskus vor neue Tatsachen gestellt worden. Woraus erneut eine Außerachtlassung von Idlib resultierte.

Erfolgreich die Paradigmen verlagernd, traf Ankara dennoch Vorkehrungen um die HTS nicht im Regen stehen zu lassen. Schließlich war das Gros der türkisch gestützten Terroristen, längst gen Nordost-Syrien gezogen um sich an den dortigen Kampfhandlungen gegen die kurdisch dominierten SDF zu beteiligen. Um zuwideren Entwicklungen vorzugreifen, hat die Erdogan-Administration einen Großteil ihrer sogenannten Nationalen Befreiungsfront (NLF) in Idlib zurückgelassen. Sozusagen Verstärkung für die Al-Qaida.

Und daraus wird kein Geheimnis gemacht, wie diverse Medienberichte suggerieren. Das online Portal Southfront hat kürzlich darauf hingedeutet, dass die HTS und NLF im Südosten Idlibs in die Offensive gegangen sind, und dabei ihre Allianz offenkundig demonstrierten. Mehrere von den jeweiligen Terroristen-Gruppierungen online veröffentlichte Fotos, belegen das beide Entitäten ein und derselben Sache dienen. Insofern verstößt Ankara gegen seine eigens verabschiedeten Anti-Terror-Gesetze.

Andere Fotos zeigen auf das Hayat Tahrir al-Sham-Kämpfer mit türkischen Waffen ausgestattet sind.

Ferner hat das russische Nachrichtenportal rusvesna anhand Satellitenbilder darauf hingewiesen, dass Al-Qaida Militante unweit von türkischen Beobachtungsposten Stellungen beziehen und kontinuierlich die syrische Armee attackieren.

Es ist fraglich wie sich jene grotesken Handlungen mit Ankaras egozentrischen Lobgesängen auf eigene Errungenschaften im „War on Terror“ vereinbaren lassen. Wie reagiert die Erdogan Administration auf konstruktive Kritik an ihrem auswärtigen Regierungsstil, insbesondere wenn Regierungsvertreter auf die Unterstützung von syrischen Al-Qaida Ablegern angesprochen werden? Nun sie verliert die Fassung und bezichtigt kritische Stimmen, selbst Angehörige von „Terroristen-Organisationen“ zu sein.

Wie bereits weiter oben angemerkt muss der AKP-Regierung nur ein wenig zugehört werden, und es stellt sich schnell heraus das sie die Hayat Tahrir al-Sham und sämtliche Al-Qaida-Teamplayer nicht als problematisch empfindet. Wer im Kontext von fadenscheinigen Stellungnahmen unentwegt „versäumt“ die Al-Qaida mit dem IS und anderen vorgeblichen Erzfeinden gleichzusetzen, der gerät umgehend in Verdacht mit Ersterem zu paktieren.

Der ehemalige US-Sonderbeauftragte für die anti-ISIS-Koalition in Syrien, Brett McGurk, hat Idlib als weltweit größte Al-Qaida-Hochburg bezeichnet. Eine Realität an der die Erdogan-Administration, scheinbar nichts auszusetzen hat.

Übrigens die HTS hat jüngst drei Zivilisten in Idlib hingerichtet, weil sie der Hexerei und Ketzerei beschuldigt wurden. Ankara schweigt sich wie gewöhnlich aus. „Syrische Brüder und Schwestern“, die von der HTS auf offener Strasse exekutiert werden. Und in solche Höllenlöcher will Erdogan bald alle syrischen Flüchtlinge abschieben. Wahnsinn!

Verf.R.R.

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