Das Dilemma der Türkei in Syrien- In Idlib will man nicht, gegen die YPG darf man nicht

Die Türkei steckt derweil in einem weiteren eigens aufgelasteten Dilemma, das von dem Tanz auf mehreren Hochzeiten in Syrien herrührt. Zu einem soll Ankara dafür Sorge tragen das ringsum dem Gouvernement Idlib eine höchst fragliche „entmilitarisierte Zone“ etabliert wird, und damit einhergehend alle dortig stationierten Terroristen und schweren Waffen abgezogen werden.

Zum anderen beabsichtigt die Türkei weitere syrische Grenzgebiete zu annektieren, die von US-gestützten kurdischen Milizen besetzt gehalten werden. Ankara hat wahrscheinlich in Syrien mehr abgebissen als es schlucken kann.

Als Schutzpatron der Dschihadisten wird es immer schwieriger für die Türkei seinen russischen Astana-Partner zu beschwichtigen, die längst überfällige Großoffensive gegen die Hayat Tahrir al-Sham (HTS, Al-Nusra, Al-Qaeda) und ihre Klone weiter zu vertagen.

Der Kuschelkurs mit der HTS hat nichts handfestes hervorgebracht, und scheint die Extremisten in Idlib zu ermutigen auf Eskalation zu setzen. Terroristische Artillerieangriffe auf zivile Wohngebiete sind an der Tagesordnung. Jüngst nahmen wahrscheinlich Elemente der HTS Bezirke in Aleppo mit Chlorgas-Raketen unter Beschuss.

Eklatante Verstöße gegen das fragliche russisch-türkische Abkommen und die nicht vorhandene vergeltende Reaktion Ankaras, belegen das die Türkei nicht gewillt ist den bisherigen Verlauf der Dinge zu beeinträchtigen.

Indes berichteten syrische Medien das Ankara die Vereinbarung dafür genutzt habe seine Extremisten-Kollektive zu mobilisieren, um weiter östlich gegen die US-gestützte YPG-SDF vorzugehen.

Laut der syrischen Tageszeitung Al-Watan habe das türkische Militär kürzlich eine beträchtliche Anzahl von Dschihadisten aus Idlib, in die türkische Grenzstadt Nusaybin transferiert. Dortig sollen sie in einem Zeltlager untergebracht worden sein, hieß es.

Offenbar hat Ankara der HTS längst das Feld überlassen, und widmet sich der illegitimen Einverleibung syrischer Landesteile. Was jedoch derweil mit erheblichen Hürden verbunden ist, da sich die Amerikaner diesbezüglich querstellen.

Nachdem die Türkei anmerkte das sie eine Militäroperation plane, um zunächst in der nördlichen Stadt Ayn-al-Arab (Kobani) einzufallen und die YPG-SDF zu verdrängen, entschlossen sich die USA fünf Beobachtungsposten im Norden Syriens zu errichten, die sich entlang der Provinzen  von Aleppo und Rakka erstrecken sollen.

Womit türkische Offensiven auf die von den Syrisch Demokratischen Kräften (SDF) besetzten Gebiete unterbunden werden. Ankara steckt nun in einer Zwickmühle da es an beiden potenziellen Fronten an seine Grenzen stößt. In Idlib weigert man sich die Al-Qaida und die ISIS zu bekämpfen und gegen den kurdischen US-Alliierten darf man nicht.

Washington hat nämlich noch viel vor mit seinem kurdischen Stellvertretern in Syrien. Wie die saudische Tageszeitung Asharq al-Awsat mitteilte, plane die US-geführte Koalition 30 000 SDF-Kämpfer auszubilden, um den Iran in Syrien einzudämmen.

Ferner soll die laut Trump längst geschlagene ISIS ausgemerzt werden. Ein SDF-Kommandeur äußerte gegenüber dem saudischen Blatt das die US-geführte Koalition und die SDF ein einjähriges Memorandum unterzeichnet hätten, um die neue Kraft auszubilden.

Die oben erwähnten US-Beobachtungsposten sind ein Teil dieser Vereinbarung. Momentan scheint es so das sich Ankara mit Afrin zufrieden geben muss. In Manbij haben die USA ebenfalls einen türkischen Vorstoß verhindert, und seinem türkischen NATO-Partner lediglich gewährt gemeinsam an der Stadtgrenze zu patrouillieren. Mehr war nicht drin für Ankara. Die YPG sitzt fest im Sattel in Manbij.

Da Ankara zu abhängig von den USA ist, als das es entgegenwirkende Maßnahmen vollziehen könnte, war es dies fürs Erste mit dem türkischen Abenteuer in Syrien. Mit dem US-Schutzwall hat Washington ein klares Zeichen gesetzt.

Bis hier hin und nicht weiter ist die unverblümte Botschaft an Ankara. In Idlib legt man weiterhin die Hände in den Schoß, und vor SDF-Gebieten haben die Amerikaner den Riegel vorgeschoben. So allmählich stellt sich das seit Jahren Offensichtliche heraus.

Die Präsenz der Türkei in Syrien ist gelinde gesagt überflüssig. Jahrelang hat sie das heutige Chaos und Blutvergießen mitgefördert und ist nun an einem Punkt angelangt wo ihr offenbar die Hände gebunden sind.

Langsam sollte Besonnenheit in das verblendete Gemüt einkehren, und die Türkei sollte anerkennen das sie das größte Hindernis für die Ausrottung aller Terroristen in Idlib ist. Wenn ihr wirklich vorschwebt mal zum indirekten Gegenschlag auszuholen um die USA abzustrafen, dann sollte sie in Erwägung ziehen komplett aus Idlib abzuziehen. Dies würde umgehend die lang erwartete Groß-Offensive der syrischen Armee unter Beteiligung Russlands nach sich ziehen.

Ankara ist zu einem Schutzschirm für Dschihadisten verkommen, bleibt abzuwarten wie lange es noch diese Rolle bekleiden wird.

Verf.R.R.

 

 

 

 

Kommentar verfassen