Ölspur enthüllt das die Türkei ihre syrisch-kurdischen Rivalen finanziert (Bericht)

Vor einigen Wochen haben syrische Medien vermeldet, dass die landeseigenen Streitkräfte eine luftgestützte Militäroperation durchgeführt hätten um den Schmuggel von Erdöl zu unterbinden. Dabei seien im türkisch besetzten Al-Bab Kolonnen von schwarzem Gold transportierende Tanklastwagen und Raffinerien außer Gefecht gesetzt worden, hieß es.

Wie die syrische Nachrichtenagentur SANA diesbezüglich bekanntgab, seien in dem einvernehmlichen Schwarzmarkthandel sowohl die türkische Regierung, als auch syrisch und irakisch-kurdische Entitäten verwickelt.

Was angesichts Ankaras herkömmlicher Attitüde vis a vis den SDF/YPG, absurd klingen mag, doch von diversen US-Beamten und kurdischen Funktionären mehrfach bestätigt worden sein soll, wie das online Portal Al-Monitor recherchiert haben will.

Das Portal hat kürzlich einen Artikel publiziert, der sich mit der heiklen Thematik ausführlich beschäftigt. In dem Bericht heißt es, das das Portal in den vergangenen Jahren anhand von Interviews mit ehemaligen US-Amtsträgern, irakisch und syrisch kurdischen Funktionären und gut informierten Quellen, in Erfahrung gebracht habe, dass Erdöl von den Feldern in Rmeilan, wo sich Syriens zweitgrößtes Ölfeld befindet, und Qaytaniyah, unweit der türkisch und irakischen Grenzen, nach irakisch-Kurdistan verfrachtet, und anschließend in die Türkei geliefert würde.

Unter Berufung auf einen anonymen hochrangigen irakisch-kurdischen Funktionär berichtet das Portal, dass „einiges“ von dem syrischen Öl, jenes auf Feldern in SDF-kontrollierten Gebieten gefördert wurde, via irakisch Kurdistan in die Türkei transportiert würde.

Desweiteren habe ein Ölschmuggler aus dem türkischen Silopi gegenüber dem Portal geäußert, dass syrisches Öl als irakisches gekennzeichnet würde, bevor es den Grenzübergang Habur in die Türkei passiere.

Laut einem weiteren Amtsträger der irakisch kurdischen KRG-Regierung, erhalte die Türkei den Löwenanteil des SDF-Öls. Das Portal teilt ferner mit, dass den kurdisch dominierten Syrisch Demokratischen Kräften (SDF) zuwider sei, das US-Präsident Trump „unwillkommenes Interesse für den Ölhandel“ erwecke.

Öleinnahmen erhielten das „Autonomiegebiet“ der Syrischen Kurden aufrecht. Die somit in der Lage seien, die Gehälter für ihre zivilen und militärischen Arme zu zahlen. Die Kontrolle über die Ölfelder verstärkten zudem die Position der SDF in Verhandlungen mit Damaskus, so das Portal.

AI-Monitor zitiert einen SDF-Sicherheitsbeamten, der die existenzielle Addiktion nach Erdöl kurzum wie folgt erläutert: „Sollten wir die Öleinnahmen verlieren, wird unser gesamtes System kollabieren, sie sind entscheidend.“

Der Frage wie der Transport des zwielichtigen Öl-Schmuggels abläuft, ist das Portal ebenfalls nachgegangen. Ein ehemaliger Amtsträger der Trump Administration dazu: „Wir gehen davon aus das täglich 300 Tanklastwagen mit Öl, ins irakische-Kurdistan transportiert werden. Der Ölhandel ist zwielichtig. Die Deals werden auf der Führungsetage ausgehandelt, und untervertraglich abgehandelt. Es gibt viele Mittelsmänner. Ich kann mir vorstellen, dass einiges von dem Öl in der Türkei landet.“

Ein im Irak ansässiger Erdöl-Analyst spräche laut dem Portal von 6-8000 Barrel täglich: „ Das Öl ist sehr billig. Im Juli lag der Preis für einen Barrel unter $20, wohingegen der Preis am Weltmarkt bei $60 lag.“ Der Analyst weiter: „Wir wissen das einiges von dem Öl das nach irakisch-Kurdistan geht, an kleine unlizenzierte Raffinerien in Dohuk und Erbil verkauft wird. Und die meisten Händler sind irgendwie mit KDP-Führungspersönlichkeiten verlinkt. Ebenso wie die Händler für das Öl, das an vom Regime gehaltene Gebiete geliefert wird, mit dem syrischen Präsidenten Baschar al-Assad in Verbindung stehen. Und ich wäre nicht überrascht wenn einiges von dem syrischen Öl, in der Türkei enden würde. Zumal die Ölhändler der jeweiligen Seiten, mit Regierungsvertretern beider Seiten gute Beziehungen haben.

Diesbezüglich beleuchtet AI-Monitor, das auf Öl basierende Geschäftsverhältnis zwischen Erbil und Ankara. Die von der Barzani-Familie geführte Demokratische Partei Kurdistans (KDP), übt seit längerem die totale Kontrolle über den Ölhandel des Irakisch-kurdischen Autonomiegebiets (KRG) aus.

Der Präsident der KRG, Nechirvan Barzani, hat in seiner damaligen Rolle als Premierminister 2013 ein Abkommen mit der Türkei getroffen, das hinsichtlich seiner Undurchsichtigkeit aufs schärfste kritisiert worden war, und den irakischen Kurden „erlaubte“ ihr Öl unabhängig von Bagdad zu verkaufen. Für diesen Zweck ist gar eine Pipeline gelegt worden, derer Ölexporterminale sich im türkischen Ceyhan am Mittelmeer befinden. Dieser Deal führte zu einer Eskalation der Spannungen zwischen Erbil und Bagdad. Letzterer hat die Türkei, wegen ihrer Rolle in dieser Affäre, bei dem Internationalen Schiedsgerichtshof angezeigt.

Laut dem Portal gäbe es widersprüchliche Berichte darüber, wie das syrische Öl im benachbarten Irak zwischenlandet. Ein weiterer ehemaliger Amtsträger der Trump-Administration, der Zeit in Syrien verbracht haben soll, habe gegenüber AI-Monitor geäußert, dass es anhand von Tanklastwagen transportiert würde. „ Es waren unzählige Tanklastwagen“ so der Amtsträger.

Der Recherche halber habe das Portal eine Reporterin ins irakische Kurdistan entsendet. Diese habe zu Protokoll gegeben, dass bei ihrer morgendlichen Ankunft bei der hiesigen Zollstelle in der Stadt Faysh Khabur, weit und breit keine Tanklastwagen in Sicht gewesen seien. Ein Versuch der Reporterin einer Pipeline zu folgen, die entlang der Strasse verläuft welche zum Sahela-Grenzübergang in Syrien führt der fünf Kilometer südlich vom Grenzübergang in Faysh Khabur entfernt liegt, sei von einem bewaffneten irakisch-kurdischen Grenzwächter unterbrochen worden. Dieser habe der Reporterin mitgeteilt: „Dies ist eine Militärzone. Sie haben hier nichts verloren. Jetzt machen sie das sie wegkommen,“ so AI-Monitor.

Im Zuge dieser Recherchen führt das Portal desweiteren an, das das Bestehen einer solchen Pipeline, anhand der Aufarbeitung durch öffentliche Quellen bereits aufgedeckt worden sei.

Hierfür verweist AI auf den Twitter-Aktivisten @obretix der enthüllt hat, dass eine der Ponton-Brücken, jene Faysh-Khabur mit dem Semalka-Grenzübergang auf der syrischen Seite verbindet, eine provisorische Pipeline aufweist. Diese Pipeline verläuft über die südliche Brücke, wo sie sich auf irakisch kurdischem Boden mit einem Öllager verbindet, zu dem 22 Lagertanks gehören.

Einem weiteren SDF-Beamten zufolge beförderten Tanklastwagen, die die Ponton-Brücke passierten, üblicherweise Öl für die Koalitionskräfte in Syrien.

Unmittelbar nachdem die Krise in Syrien ausbrach, hat die KRG die Grenzüberquerungen ins kriegsgebeutelte Nachbarland stark eingeschränkt, und erhob horrende Exportzölle für Güter die für das“ syrische-Kurdistan (Rojava) bestimmt waren. Jene feindliche Gesinnung rührte von den dürftigen Beziehungen mit den YPG, (Volksverteidigungseinheiten) und türkischem Druck her, so AI.

Die USA hätten sich daraufhin eingeschaltet und eine Abmachung ausgehandelt, die es den syrischen Kurden ermöglicht habe einen Teil des Öls mittels der KRG an den Mann zu bringen, um im Gegenzug den Grenzübergang Faysh Khabur uneingeschränkt nutzen zu können.

Faysh Khabur sei die Lebensader der SDF. Über den Grenzübergang erhielten die SDF humanitäre und Handelsgüter, sowie militärische Unterstützung von der US-geführten Koalition, so das Portal. Wie ein ehemaliger US-Regierungsvertreter diesbezüglich angemerkt haben soll, sei der Deal von entscheidender Bedeutung gewesen: „Das Abkommen auszuhandeln war entscheidend, um Faysh Khabur offen zu halten. Der KDP-YPG-Deal, hat uns einen reibungslosen Ablauf ermöglicht.“ Der Regierungsvertreter hob hinzufügend hervor: “ Hingegen ist er nie öffentlich gemacht worden.“

Das Portal verweist zudem auf die Internationale Crisis Group die observiert habe: „YPG-Anführer sind der Auffassung, dass eine fortwährende US-Präsenz auf dem Rmeilan Ölfeld in Hasaka, Washington dazu nötige eine ländliche Versorgungslinie offen zu halten. Über Faysh Khabur.“

Ferner heißt es: „Die Kontrolle über den Grenzübergang, würde Washington eine beständige Nachschublinie von US-Militärdepots im Irak verschaffen. Der Verlust des Grenzübergangs ,würde die lokale Wirtschaft erheblich beeinträchtigen, die ausländische Stabilisierung und humanitäre Förderung beenden, und die YPG abhängiger von Damaskus machen.“

AI-Monitor geht überdies auf die florierenden Ölgeschäfte zwischen dem Islamischen Staat und Ankara ein. Worüber es hinreichende Informationen im Netz zu finden gibt. Dieses düstere Kapitel zusätzlich aufzuarbeiten, würde den Rahmen dieses Artikels sprengen. Demnach konzentrieren wir uns auf den Ölhandel zwischen den YPG/SDF und der Türkei.

AI-Monitor beruft sich desweiteren auf einen mit der nachrichtendienstlichen Gemeinde verknüpften türkischen Beamten der Angaben darüber gemacht habe, das die YPG den Ölverkauf an türkische Firmen, seit Juli 2012 genehmigt hätten. Die Städte Kobani, Qamishli und Afrin hätten als Transportrouten gedient, so der türkische Beamte. Was die syrische Regierung dazu veranlasst habe die Türkei zu bezichtigen das sie syrisches Öl entwende, heißt es.

Nach dem primär zu Wort kommenden US-Amtsträger, landeten derweil täglich 100 Tanklastwagen mit syrischem Öl im türkisch besetzten Jarablus.

Merve Tahiroglu, die Koordinatorin von der Gedankenfabrik Project for Middle East Democracy, jene sich laut AI ausgiebig mit dem Ölhandel zwischen dem IS und der Türkei befasst habe, sagt: „Informationen die von öffentlichen Quellen bezogen wurden deuten darauf hin, das das Öl kurdisch besetzte Territorien in Syrien passiert hat, bevor es die Türkei erreichte. Abgesehen von der Herkunft des Öls und wie oft es den Besitzer gewechselt hat, scheint es so das es anhand von kurdischen Mittelsmännern und Schmugglern in die Türkei gelangte. Dies alles ist ein Teil der Kriegswirtschaft, die wir entlang der türkisch-syrischen Grenze beobachten.“

Tahiroglu habe anerkannt das dieselben Schmuggler-Netzwerke womöglich zum Einsatz kämen, um syrisches Öl via die KRG an Ankara zu verkaufen.

Erdogan wird diese Berichte höchstwahrscheinlich bestreiten, zumal sie sein politisches Image verletzen. Gleichwohl, da Erdogan die Medien fest im Griff hat, kontrolliert er beinahe das gesamte Narrativ in der Türkei. Dank seiner kolossalen Macht die öffentliche Meinung zu beeinflussen, ist er in der Lage mit solchen politischen Skandalen durchzukommen.“

Das militaristische Sicherheit-Establishment der Türkei erinnere sich daran, wie die irakischen Kurden in den 1990.Jahren ihren quasi-Staat auf dem Rücken von Erdöl errichteten, das in großen Mengen in die Türkei geschmuggelt worden sei. Was gegen UN-Sanktionen verstoßen habe, jedoch von Ankara ignoriert worden sei, so das Portal. Involvierte türkische Militär und Polizeibeamte, sollen weitgehend davon profitiert haben, so das Portal.

Weiter heißt es das das letzte was die Türkei an ihren Grenzen wolle, eine zweite kurdische Entität und noch weniger eine PKK freundliche sei. Laut einer Quelle aus türkischen Regierungskreisen, erwäge Ankara seine zwielichtigen Ölgeschäfte mit den YPG zu beenden, und habe diese bereits heruntergeschraubt.

Diese Nachricht sei dem Premierminister der KRG, Masrour Barzani, während seiner jüngsten Visite in Ankara mitgeteilt worden. Der erste in dem AI Artikel zitierte irakisch kurdische Amtsträger, habe die Hiobsbotschaft wie folgt kommentiert: „Es ist ziemlich sicher das die Amerikaner dagegen angehen werden.“ Hinzufügend habe er geäußert, dass die Türkei den Ölhandel ohnehin nur angesichts des amerikanischen Drucks hingenommen habe.

Konkludierend merkt das Portal an das Ankara hingegen den Anschein erwecke, dass es dem amerikanischen Diktat überdrüssig sei, und argumentiert dahingehend das diverse spannungsgeladene Ereignisse von Ankara initiiert worden seien. Wie beispielsweise der Erwerb von russischen S-400 Luftabwehrsystemen und die Invasion in Nord-Ost Syrien, was eine Welle von Sanktionen nach sich gezogen habe.

Ob Scharade oder ernsthafter Bruch wird sich zeigen. Noch blufft Ankara zu viel, als das man die Ressentiments ernst nehmen könnte.

Verf.R.R.

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