In Russland wächst Kritik am Kreml: Hitzige Debatten im russischen „Staatsfernsehen“ Ausdruck dieses Unmuts. „Zu viel Nachsicht mit ukrainischer Bevölkerung“…“Zeit für Mobilmachung.“ „Entweder totaler Krieg oder Friedensverhandlungen.“ (Videos)

„Stets auf Linie mit dem Politbüro.“ So in etwa ließe sich die westliche Propaganda, hinsichtlich der Verklärung von Machtverhältnissen in Russland, zusammenfassen.

Wer es wagt den „Zaren“, Putin, auch nur im geringsten zu widersprechen oder anzuprangern, der liefe Gefahr von „Nowitschok-Killern“ oder anderen „malignen Kreml-Liquididatoren“ aus dem Verkehr gezogen zu werden. Oppositionelle, ehemalige Weggefährte, Journalistin, Politiker oder Aktivisten. Jeder hüte sich vor „Majestätsbeleidigungen“, welche die „Allmachtfantasien“ des russischen Präsidenten untergraben.

Das Bild vom „kontrollsüchtigen“ und über „Leichen gehenden“ „Diktator“, wurde dem Kollektivgedächtnis des Westens seit Putins politischer Machtergreifung nachhaltig eingehämmert. Doch es bedarf lediglich eine Schnupperstunde beim russischen „Staatsfernsehen“, um diesen mitunter absurden Hype den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Bei der Talk-Sendung Sonntagabend mit Vladimir Solowyow, debattierten unlängst mehrere Experten über den schleppenden Verlauf der russischen Militäroperation. Nicht im Einklang mit dem Mainstream-Tenor stehend, schieden sich die Geister im Hinblick auf die Vorgehensweise der russischen Armee. Einen übersetzten Auszug des Dialogs finden Sie unten.

RT-Chefredakteurin, Margarita Simonowna Simonjan: „Gibt es auf dem Territorium, was von der Ukraine noch übrig ist und noch nicht befreit wurde, keine zivile Infrastruktur? Kraftwerke, Atomkraftwerke, Knotenpunkte. Es gibt viele Infrastrukturobjekte, welche die Überbleibsel dieser feindlichen Nation kampfunfähig machen könnten. Dies könnte schnell und einfach erledigt werden und würde sie für eine lange Zeit beeinträchtigen. Ferner würden sie dadurch von allem anderen abgelenkt werden. Meine Wenigkeit und andere werden andauernd gefragt, weshalb wir das nicht tun? Bislang haben wir keine Antwort erhalten. Womöglich ist es an der Zeit, um entweder dementsprechend zu handeln, oder den Leuten zu erklären, weswegen wir davon absehen. Ich persönlich verstehe es nicht.

Solowyow :“Ich weiß nicht ob sie es verstehen. Doch wir fordern das schon seit Längerem. Ich denke die Zeit ist reif für brutale Maßnahmen.“

Simonyan: „Es ist entweder Zeit für harte Maßnahmen oder Antworten, die unsere Gesellschaft überzeugen.“

Alexej Leonkow, Militärexperte: „Wir können in Hysterie ausbrechen und einen Blackout in der Ukraine fordern. Haben Sie mal darüber nachgedacht, was ein Blackout anrichten würde? Wenn Kälte und Hunger walten und es kein fließend Wasser gibt. Werden wir uns somit etwa Freunde machen?

Solowyow: „Brauchen wir dort Freunde?

Leonkow: „Unsere Landsleute sind dort.“

Solowyow: „Zunächst befreien wir unsere Landleute vom Nazismus und anschließend ernähren wir sie und wärmen sie auf.“

Dimitry Kulikow, Politikwissenschaftler: “ Betreffend der Ukraine: Ich glaube das die Mehrheit, abgesehen von der ukrainischen Regierung, auf der Seite der USA steht. In diesem Sinne gehören sie nicht zur ukrainischen Bevölkerung. Von der wir glauben, dass sie unsere beiden Völker als Einheit sieht. Dies sollte verstanden werden. Diejenigen in der Ukraine, die den Vereinigten Staaten dienen. Wegen Geld, Habsucht, aus welchem Grund auch immer. Die den Amerikanern dabei helfen unsere Vernichtung zu verwirklichen, gehören nicht zu uns. Wir können kein Einheitsvolk sein.“

In einer weiteren Talkrunde ging es ähnlich heiss her, wie aus der übersetzten Sektion unten hervorgeht.

Boris Nadezhdin, ehemaliger Abgeordneter der Duma: „Die Leute, die Präsident Putin davon überzeugt haben, dass die Spezialoperation schnell und effektiv sein würde, wir die Zivilbevölkerung nicht bombardieren…Wir rücken ein und unsere Nationalgarde und die Kadyrow-Einheiten, werden für Recht und Ordnung sorgen. Diese Leute haben uns alle hinters Licht geführt.

Moderator: „Sind Sie sich sicher, dass es diese Leute gibt? „

Nadezhdin: „Natürlich gibt es die. Der Präsident sitzt nicht einfach herum und denkt sich, „Weshalb starte ich keine Spezialoperation? “ Jemand hat ihm nahegelegt, dass sich die Ukrainer ergeben werden, dass sie fliehen werden und sich Russland anschließen wollen. Jemand muss ihm das erzählt haben.

Moderator: „Darüber wurde ja auch im Fernsehen berichtet.“

Nadezhdin: „Wir sind nunmehr an einem Punkt angelangt, an dem wir verstehen müssen, dass die Ukraine unschlagbar ist, solange wir auf Ressourcen und koloniale Methoden zurückgreifen, mit denen Russland versucht Krieg zu führen. Die Anheuerung von Vertragssoldaten und Söldnern. Keine Mobilisierung. Die russische Armee wird von einer starken Armee konfrontiert, welche die volle Unterstützung der mächtigsten Länder genießt. Wirtschaftlich und technologisch gesehen. Einschließlich europäischen Ländern.

Moderator: „Schlagen Sie eine militärische Mobilmachung vor?“

Nadezhdin: Ich schlage Friedensverhandlungen vor, damit der Krieg ein Ende findet und man sich wieder politischen Angelegenheiten zuwenden kann.“

Moderator: Sollten wir Verhandlungen aufnehmen?“

Sergei Mironow, Duma-Abgeordneter :„Mit dem Selensky Nazi-Regime ist nicht zu verhandeln. Das Selenskyj Nazi-Regime muss vernichtet werden.“

Moderator: “ Herr Nadezhdin denkt, dass wir dazu nicht in der Lage seien.

Nadezhdin: „Entweder die Mobilmachung und ein totaler Krieg, oder Rückzug.“

Mironow: „Neulich sagte Wladimir Putin: „Wir haben noch nicht einmal angefangen.“ Wir starten wenn wir es müssen. Wir brauchen keine Mobilmachung.“

Viktor Olevich, Politikexperte : „Mit Verlaub, worauf warten wir noch?“ Sie sagen alles läuft wie am Schnürchen. Hat das wirklich jemand vor 6 Monaten geglaubt. Wir haben geplant Balaklija zu verlassen und eine Gegenoffensive unweit von Charkiw abzuwehren. Wir konnten Charkiw nicht einnehmen und ziehen aus Balaklija ab?

Mironow: „Nicht zu vergessen, wir kämpfen gegen einen NATO-Block , der gut vorbereitete Ukrainer ins Rennen schickt. Dies ist eine ernstzunehmende Armee, mit ernstzunehmenden Waffen.

Olevich: „Unser Militärgeheimdienst hätte dies vorhersehen sollen.“

Mironow: „Krieg ist Krieg. Man kann nicht alles vorhersehen. Doch wir haben den Willen weiterzumachen, bis uns der Sieg sicher ist.“

Ehrlich gesagt klingen diese medialen Diskurse bei weitem nicht so homogen, wie etwa das allwöchentliche Gruppenkuscheln bei Maischberger, wo allerhöchstens ein 5 gegen 1 zugelassen wird. Das oben kurz umrissene Spektrum der Meinungsvielfalt, umfasst von der Forderung nach Frieden, bis zu eskalatorischen Visionen diverse kundgetane Erwartungshaltungen, denen hierzulande schier keine Plattform geboten wird.

Putins „Todesliste“ müsste inzwischen enorm angewachsen sein. So viele Russen die nicht d`accord gehen mit den Vorstellungen des Kremls und sich nicht davor scheuen dies öffentlich auszusprechen. Wie war das nochmal? Wer in Russland das Wort Krieg in den Mund nimmt, landet etwaig in einem Arbeitslager in Sibirien.

Aut./Übers. : R.R.

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