„Gegenoffensive“ Charkiw: Taktischer Rückzug Russlands erweckt frenetischen Beifall und nährt voreilige Schlüsse. Moskau zeigt wo der Hammer hängt. Russischer Marschflugkörper-Angriff legt ukrainisches Stromnetz lahm. „Let the games begin!“ (Op-Ed)

Nachdem für einige Wochen kaum signifikante Vorstöße der jeweiligen Parteien im Ukraine-Konflikt zu beobachten waren, geht es seit einigen Tagen wieder ziemlich heiß her.

Und zum ersten mal seit Beginn der Kampfhandlungen, haben die Ukrainer Territorium zurückerobert. Im östlich gelegenen stark umkämpften Oblast, Charkiw, sollen ukrainische Einheiten bis zur Stadt, Isyum, vorgerückt sein. Der Feldzug habe 2500 km2 Boden gut gemacht. Geländegewinne die von den Russen in drei Monaten errungen worden seien, so zwischenzeitlich resümierende Analysen.

Von denen nicht wenige voreilige Schlüsse ziehen. Dahingehend das die Kriegswende bereits in trockenen Tüchern wäre und Kiew auf dem Weg sei, sich das gesamte Land zurückzuholen. Der deutsche Außenposten der ukrainischen Prawda prädizierte unlängst:

„Wir haben eine Schlacht verloren, aber nicht den Krieg,“ sagte einst ein weiser General.

Mit anderen Worten, den Tage bloß nicht vor dem Abend loben. Gebietsverluste temporärer oder langwieriger Natur, bestimmen noch längst keinen Kriegsausgang. Der derweil erneut überhastet fernliegende Zukunftsmusik anstimmende Selenskyj-Fanblock, sollte bewaffnete Konflikte endlich als fluides Ereignis verstehen, das unentwegt trügerische Überraschungsmomente aufzubieten hat. Beispielsweise ist die Adaption auf dem Schlachtfeld unabdinglich. Was mitunter taktische Rückzüge beinhaltet. Wie es sich jüngst in der Region Charkiw zutrug.

Nichtsdestotrotz rumort es im Kosmos der russischen Unterstützer, dass da mehr kommen muss. Sprich der Kreml eine Schippe drauflegen müsste, um einen strategischen Sieg zu erringen. Der Moon of Alabama Blog (MOA) wies unlängst darauf hin, dass der öffentliche Druck angesichts der neuesten Entwicklungen, den Kreml forcieren könnte eine Mobilisierung anzuordnen.

„Die Befreiung der Republik Donetsk, ist ins Stocken geraten. Die Anzahl der kriegführenden russischen und alliierten Kräfte, ist beständig geblieben, oder wurde im Laufe der Zeit reduziert. In der Zwischenzeit sind die ukrainischen Kräfte auf mannigfaltige Weise angewachsen. Von „westlichen“ Quellen erhalten sie eine signifikante Menge an Waffen und neue Versprechen, dass die Lieferungen weiterlaufen. Auch wenn sie waffentechnisch nicht auf Augenhöhe sind, ist die Mannstärke mit der Zeit ausschlaggebend.

Dies hat verlustreiche Niederlagen ermöglicht, wie jüngst an der Izjum-Front. Das russische Militär reagierte auf diese Bedrohung, indem es gehaltenes Territorium abtrat und sich auf die ursprünglichen Kriegsziele konzentriert.

Die russische Öffentlichkeit, die zunächst nicht nachvollziehen konnte weswegen der Krieg notwendig war, ist viel wachsamer geworden. Sie versteht nun das große Spiel, das gegen ihr Land gespielt wird. Sie könnte womöglich zeitnah einfordern, dass die für den Krieg aufgewendeten Ressourcen angepasst werden, um einen strategischen Sieg zu erringen. Umfragen werden Klarheit schaffen, ob oder wann dieser Punkt erreicht ist.

Die russische Öffentlichkeit, die vom Kreml sacht anhand der russischen Medien gesteuert wird, verlangt wahrscheinlich mehr. Die Frage ist, wie viel mehr? Das muss nicht die totale Mobilisierung des russischen Militärs bedeuten. „Westliche“ Behauptungen, dass Russland isoliert sei, sind falsch. Es hat mehrere aufgeschlossene Freunde, die bei den Bestrebungen mitwirken könnten. Ablenkungsmanöver gegen das US-Militär in mehreren Erdregionen, wären nur eine vieler Möglichkeiten.

Die Zeit ist immer die dritte Kraft auf dem Schlachtfeld. Beide Gegner müssen gegen sie spielen, oder sich mit ihr arrangieren. Durch das Boykott russischer Energie-Quellen, hungert sich Europa gegenwärtig zu Tode. Diese Situation ist untragbar und zeitnah werden sie die Verfolgung der gegenwärtigen US-Direktiven aufgeben müssen. Wirtschaftlich gesehen, ist die Ukraine pleite und trotz der Auslandshilfen kann sie keinen langwierigen Krieg durchstehen. Womöglich spielen potenzielle politische Veränderungen in den USA auch eine Rolle. Das lange Spiel ist zum Vorteil Russlands. „

Die Kriegswende bereits in trockenen Tüchern sehende Propagandaschleudern, wurden zwischenzeitlich von Moskau daran erinnert, wie es um das Kräfteverhältnis bestellt ist. Gestrige Nacht schlugen in mehreren ukrainischen Wärmekraftwerken russische Marschflugkörper ein und legten große Landesteile im Osten lahm. Laut Medienberichten kam es zu stundenlangen Stromausfällen. Mit diesem Warnschuss hat Moskau kurz mal eben klargestellt, dass man befähigt ist die gesamte Energie-Infrastruktur der Ukraine lahmzulegen.

Fast-Food-Krieg Cheerleader aller Couleur, lassen Tastaturen in Redaktionen glühen, um der breiten Masse ein irreführendes Narrativ aufzuschwatzen. Die Euphorie war noch nie ein guter Ratgeber. Und insbesondere nicht wenn blauäugige „Experten“, aufgrund von Interessenkonflikten oder Befangenheit, ausschließlich unausgereifte, wenn nicht gar amputierte Erkenntnisse zu Tage fördern.

Der Großteil der „gefragten“ Sachverständigen, die von Mediengruppen links und rechts angeheuert werden, unterschätzt die Russen eklatant und verwechselt Güte mit Schwäche. Wahrscheinlich rühren jene analytischen Schüsse ins Blaue von dem Trugschluss her, dass ausschließlich Uncle-Sam eine bellizistische Superiorität vorbehalten sei. Weit gefehlt. Nur weil Russland bislang davon absah nach amerikanischem Vorbild zunächst kritische Infrastruktur zu bombardieren und Großstädte a la Shock & Awe in Schutt und Asche zu legen, bedeutet dies nicht, das dies auf eine Unfähigkeit zurückzuführen ist. MOA schrieb zur orthodoxen Vorgehensweise der US-amerikanischen Kriegsmaschinerie:

„Ein typischer US-Angriff auf ein fremdes Land, beginnt mit einem Schwarm von Marschflugkörpern, welche die grundlegende Infrastruktur des Landes ausschalten. Der US-Angriff auf den Irak und andere Länder hat aufgezeigt, dass es in einem US-geführten Krieg bereits in den ersten Tagen kein Strom und Wasser mehr gibt.

Über 200 Tage hat die russische spezielle Militäroperation in der Ukraine keine grundlegende Infrastruktur angegriffen. Als die Ukraine ihr strombetriebenes Schienennetzwerk nutzte, um Waffen aus dem „Westen“ zu importieren, bombardierten russische Kräfte lediglich Umspannwerke, welche die Eisenbahn mit Strom versorgten. Doch sie sahen davon ab, die für die Bevölkerung bestimmte generelle Stromerzeugung zu attackieren. In der Ukraine brannte weiterhin das Licht. „

Der russische Präsident reagierte unlängst auf das offenkundige Bestreben des Westens, Russland auf dem Schlachtfeld zu schlagen, mit der unverblümten Verheißung:

„Dies ist eine Tragödie für die ukrainische Bevölkerung. Doch wie es scheint führt der Weg dorthin. Doch jeder sollte wissen, im Großen und Ganzen haben wir noch nicht einmal richtig angefangen.“

Die in Europa allenthalben applaudierte „Gegenoffensive“, hat soeben die Kriegsziele ein weiteres mal expandiert. Eine Mobilmachung seitens Russland scheint unweigerlich. Und falls zeitnah in Kiew politische Entscheidungszentren dem Erdboden gleichgemacht werden, die Gebiete unter Kiews Kontrolle dunkel bleiben und alltäglich Marschflugkörper-Stürme entfacht werden, nicht Zeter und Mordio schreien. Sobald Moskau der Ukraine den totalen Krieg erklärt, findet der bisherige Kuschelkurs ein abruptes Ende. Die Angriffe auf die Wärmekraftwerke waren nur ein kleiner Vorgeschmack von dem, wozu Russland imstande ist.

Allerdings geht es den USA und den europäischen Vasalen gar nicht um eine schnelle Beendigung des Konflikts. Dies ist offensichtlich. Kurzum könnte man es als zynische Friedens-Verschleppung bezeichnen. Die Idee ist eine Afghanisierung. Wohingegen eine Balkanisierung der Ukraine nicht mehr zu verhindern ist.

Entgegen der westlichen Propaganda, ist Putin nicht allmächtig und Oppositionelle sowie Kräfte aus dem eigenen Lager, üben immer mehr Druck aus den entscheidenden Schlag zu versetzen. No holds barred. Und die Bevölkerung stimmt sich ebenfalls auf diesen Tenor ein.

„Sei vorsichtig was Du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen.“ Seit Anbeginn der Kampfhandlungen lechzten NATO-Staaten nach Eskalation. Here we go!

Aut./Übers.: R.R.

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