Syrien-Idlib: Ein Reminder für Ankara wozu es sich laut Astana und Sochi-Beschlüssen verpflichtet hat (OP-ED)

Der selbsternannte Sultan von Idlib, Recep Tayyip Erdogan, ist nicht zufrieden mit den Ergebnissen der jüngsten türkisch-russischen Gespräche bezüglich der Situation in Nord-Syrien.

Was offensichtlich von der Haltung des Kremls herrührt, Ankaras Beteuerungen nicht mehr für voll zu nehmen. Drei Jahre voller Intrigen und doppelzüngigen Spielen, haben Mutter Russland offenbar negativ gestimmt.

Moskaus durchaus nachzuvollziehende Attitüde, ist auf Ankaras Untauglichkeit als Vertragspartner zurückzuführen. Letzteren seine Auffassung von integeren Zugeständnissen und konformen Obligationen, und im Gegensatz Russlands darauf basierende Vorstellungen, klaffen nicht erst seit gestern auseinander.

Seit Anbeginn der trilateralen Astana-Partnerschaft (Russland, Iran, Türkei), hat die AKP-Regierung ihre Position am Verhandlungstisch schamlos ausgenutzt, und anhand von Hinhaltetaktiken, leeren Versprechungen und Unwahrheiten versucht, ihre Astana-Partner zum Narren zu halten.

Es ist kein Geheimnis das die Erdogan-Administration, die von der Muslimbruderschaft beeinflusst wird, mit der Al-Qaida ins Bett geht. Wohingegen der Kreml und Iran hinter der syrischen Regierung stehen.

Jene unorthodoxe Konstellation hat die Erfolgsaussichten des Astana-Formats, erheblich geschmälert.

Skeptische Beobachter und Experten haben die Proklamation fortwährend an einem Strang ziehen zu wollen, mit Argwohn betrachtet. Und wie sich unmittelbar nach der ersten Zusammenkunft des Trios herausstellte, sollte die durchaus angebrachte Skepsis vollends bestätigt werden.

Die unterzeichneten Beschlüsse schienen für Ankara nicht das Papier wert zu sein auf dem sie stehen. Da es nicht die geringsten Anstrengungen unternahm diese umzusetzen.

Die jeweiligen Parteien haben sich unter anderem darauf geeinigt in umkämpften syrischen Landesgebieten sogenannte Deeskalationszonen zu installieren, um der erodierenden Sicherheitslage Herr zu werden.

Ankara bestand darauf das an der Türkei grenzende Gouvernement Idlib, zugeteilt zu bekommen. In der verpflichtenden Astana-Abschlusserklärung vom September 2017, welche wohlgemerkt von Ankara gegengezeichnet wurde, heißt es wie folgt (Quelle: IRNA: Google Übersetzung mit vereinzelten Korrekturen)

Die drei Garanten für Frieden;

2. Verkünden die Schaffung folgender Deeskalationsgebiete, gemäß dem Memorandum vom 4. Mai 2017. In Ost-Ghouta, in bestimmten Teilen im Norden der Provinz Homs, in der Provinz Idlib, in bestimmten Teilen der benachbarten Provinzen ( Latakia, Hama und Aleppo) und auch in bestimmten Teilen Südsyriens (basierend auf der Initiative der Russischen Föderation, als Garant des Astana-Prozesses mit dem Ziel, das Waffenstillstandsregime und die territoriale Integrität der Arabischen Republik Syrien sicherzustellen, und den Kampf gegen den Terrorismus fortzusetzen).

3. Unterstreichen erneut, dass die Schaffung der Deeskalationsbereiche und Sicherheitszonen eine vorübergehende Maßnahme ist, deren Dauer zunächst 6 Monate beträgt, und die auf der Grundlage des Konsenses der Garanten automatisch verlängert wird.

4. Heben hervor, dass die Schaffung der oben genannten Deeskalationsgebiete unter keinen Umständen die Souveränität, Unabhängigkeit, Einheit und territoriale Integrität der Arabischen Republik Syrien untergräbt.

Was die Handhabung von Terroristen in Syrien anbelangt, lässt das Kommunique keinen Raum für Missverständnisse und Fehlinterpretationen. Es wird detailliert hervorgehoben das terroristische Ausgeburten aller couleur, von sämtlichen Friedensinitiativen ausgenommen sind, und demnach der Kampf gegen die Al-Qaida, ISIS & Co solange fortgesetzt wird, bis die maligne Brut vollständig liquidiert ist.

Die Astana-Beschlüsse dazu:

7. Betonen die Fortschritte bei der Bekämpfung des Terrorismus, und der Beseitigung von DAESH / ISIL, Nusra Front und allen anderen Personen, Gruppen, Unternehmen und Organisationen, die mit Al-Qaida oder DAESH / ISIL in Verbindung stehen, infolge der Einführung der oben genannten Deeskalationsgebiete. Und bekräftigen ihre Entschlossenheit, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Kampf gegen diese innerhalb und außerhalb der Deeskalationsgebiete fortzusetzen.

Unter diesen Voraussetzungen haben Moskau und Teheran die von ihnen verwalteten Deeskalationszonen schnell in den Griff bekommen, und wie vereinbart alle dortig verschanzten terroristischen Entitäten vom Antlitz der Erde getilgt, oder nach Idlib verfrachtet.

Wo die Erdogan-Administration inzwischen einen Inkubator für Terroristen kultivierte, anstatt ihren Verpflichtungen nachzukommen. Aufgrund der in Idlib vorherrschenden Zustände, entschloss sich das Gros der landesweit geschlagenen Jihadisten dorthin transferiert zu werden.

Zu nichts geringerem als einem Islamisten-Kalifat verkommen, hat die von Ankara „beschattete“ Deeskalationszone sich zum Problemkind schlechthin entwickelt.

Solange Russland und der Iran in Verbund mit Damaskus damit beschäftigt waren ihren Teil der oben zitierten Vereinbarung zu erfüllen, konnte Ankara auf Zeit spielen und lehnte sich vorerst gemütlich zurück.

Doch jener Komfort sollte nicht lange währen. Es zog kaum Zeit ins Land, und Moskau und Teheran richteten ihre volle Aufmerksamkeit auf Idlib, und beanstandeten zunächst hinter vorgehaltener Hand, dass Ankara rein gar nichts auf die Reihe bekommen hat.

Demzufolge hat die Lage sich fortwährend zugespitzt. Bis zu dem Punkt das eine Militärkampagne zur Wiederherstellung von Recht und Ordnung, sich als einzige Option herauskristallisierte.

Obwohl Ankara sich dazu verpflichtet hat Idlib von Terroristen zu säubern, und Zustände zu schaffen welche die Weichen für den Frieden stellen, hat es seine Astana-Partner stets dazu angehalten, von dem Sturm auf die Al-Qaida & Co abzusehen.

Die allgegenwärtige Ausrede für Vertagungen von Militärkampagnen, ist die Aufhebung der Vermengung des ortsgebundenen Jihadisten-Pools. Die Erdogan-Administration behauptet unentwegt, dass die unter ihren Fittichen stehende Islamisten-Brigade (Freie Syrische Armee (FSA), Syrische Nationalarmee (SNA) Nationale Befreiungsfront) aus moderaten Engeln bestünde. Jene von den hiesigen Al-Qaida Ablegern (Hayat Tahrir al-Sham & Freunde) vorerst separiert werden müssten, ehe man eine Offensive in Betracht zögen könnte.

Diese Feststellung an sich ist ein Eingeständnis dafür, dass die türkisch-gestützten Elemente zumindest mit der Hayat Tahrir al-Sham (HTS, Al-Nusra, Al-Qaida) und ihrem Gefolge sympathisieren. Ansonsten wäre keine schmerzvolle Scheidung vonnöten.

Die unbequeme Wahrheit ist das Ankaras Stellvertreter dieselben Wesenszüge aufweisen wie die HTS. Sprich sie vertreten dasselbe ideologisch versiffte Gedankengut. Die aus Saudi-Arabien stammende Wahabi-Doktrin, und der von dem Emirat Katar praktizierte Salafismus. Beide radikalen Auslegungen des Islams, sind die Triebfedern aller in Syrien operierenden militanten Gruppierungen. Ausnahmslos!

Folglich ist es schier unmöglich ein Trennungsverfahren zu vollziehen. Gleiches lässt sich nicht von Gleichem trennen. Trotz dieses nicht von der Hand zu weisenden Faktums, ist Ankara genügend Zeit eingeräumt worden, sein Gesicht zu wahren.

Moskau und Teheran haben der AKP-Regierung hinlängliche Possibilitäten zugeschustert, die Al-Qaida abzutreiben. Was sie nicht im geringsten wahrgenommen hat.

Im Gegenteil, darauf erpichend illusorische neo-osmanische Ambitionen zu hegen, unternahm Ankara nichts in die Richtung seine islamistischen Stellvertreter zu zügeln. Ausgehandelte Waffenruhen für den Gesamtraum Idlib, endeten allesamt in einem Debakel.

Vor allem weil die Al-Qaida Allianz Feuerpausen kontinuierlich zum Anlass nimmt, Gegenoffensiven auf Stellungen der syrischen Armee zu starten, und die Zivilbevölkerung in regierungstreuen Gebieten anhand von Raketen und Mörserangriffen zu terrorisieren.

Der finale Versuch die Türkei zum einlenken zu bewegen, war das bei weitem überflüssige Sochi-Abkommen. Der Erdogan-Administration wurde somit abermalig die Möglichkeit gegeben ihren, seit zu diesem Zeitpunkt zwei Jahre alten, Obligationen nachzukommen.

Nämlich die Umsetzung des eigens inventierten jihadistischen Trennungsverfahrens, und die anschließende Eliminierung aller in Idlib eingenisteten Al-Qaida Metastasen.

Zusätzlich einigten die Sochi-Garanten (Russland, Türkei ) sich darauf eine „entmilitarisierte Zone“ ringsum Idlib zu schaffen, aus der alle militanten Entitäten samt schweren Waffen abziehen sollten.

Doch unglücklicherweise erwies sich jene Initiative als abermaliger Trugschluss. Was zufolge hatte das die sogenannte Pufferzone, als Schnapsidee in die Geschichte eingehen würde. Denn unmittelbar nach der Verkündigung der blauäugigen Absicht , hat die HTS die vollständige Kontrolle über das anberaumte Gebiet übernommen, und ihre Angriffe auf die syrische Armee und benachbarte Städte multipliziert und akzeleriert. Kurzum die AKP versagte erneut.

Im Frühjahr vergangenen Jahres trafen die Astana-drei abermals zusammen. Was natürlich der abdriftenden Situation in Idlib geschuldet war. Wo die HTS inzwischen ihre Macht zunehmends konsolidiert hatte, und ihre Kräfte mit dem türkisch gestützten Kader bündelte. Der sich eigentlich von der Terrororganisation lossagen, und ihr nicht unter die Arme greifen sollte.

Die publik geschmiedeten Allianzen zwischen der HTS & Co und Ankaras Stellvertretern, sind ein längst überfälliges Outing gewesen. Wie bereits darauf hingedeutet, sind die Jihadisten in Syrien unverwechselbare Geschöpfe.

In dem Astana-Abschlusskommunique hat Ankara sich übrigens erneut dazu verpflichtet, den Terrorismus in Syrien mit allen Mitteln zu bekämpfen. Quelle: Southfront ( Google Übersetzung mit vereinzelten Korrekturen)

Die Teilnehmer] äußerten ernsthafte Besorgnis über die Versuche der Terrororganisation Hayat Tahrir al-Sham, ihre Kontrolle über das Gebiet zu verstärken, und bekräftigten die Entschlossenheit, die Zusammenarbeit fortzusetzen, um ISIS, die al-Nusra-Front und alle anderen Personen endgültig zu beseitigen, sowie Gruppen, Unternehmen und Organisationen, die mit Al-Qaida oder ISIS verbunden sind “,

Vor diesen Hintergründen ist es schon eine beinahe kriminelle Theatralik, die Ankara auf internationaler Bühne fortwährend hinlegt. Der große Töne spuckende türkische Präsident, fühlt sich dennoch von Russland hintergangen, und behauptet zudem das der Kreml vertragsbrüchig sei, sich nicht an Abmachungen halte und der Hauptverantwortliche für die Gesamtsituation in Idlib sei.

Der selbsternannte Sultan von Idlib beschwört desweiteren, dass seine Truppen syrische Landesteile okkupieren, um die ortsgebundene Bevölkerung vor Angriffen des „Assad-Regimes“ zu beschützen.

Hunderttausende würden vertrieben und die Türkei könne keine neue Flüchtlingswelle stemmen, so Erdogan. Er geht gar soweit und droht Moskau und Damaskus den totalen Krieg an, sollte die syrische Armee ihre jüngsten Errungenschaften in Aleppo und Süd-Idlib nicht revidieren.

Aufgrund seiner Besessenheit von der Renovierung des osmanischen Reichs, scheint Erdogan seine persönliche Auslegung von Geographie zu verfechten.

Nach seiner Attitüde zu urteilen zählt er Idlib, und die übrigen von seinen Truppen besetzten Zonen, längst zur Türkei. Ankaras Anstrengungen in den jeweiligen türkisch-besetzten Gebieten demographische Wandel zu vollziehen, bestätigen diese Auffassung.

Was einen weiteren Verstoß gegen die Astana-Beschlüsse darstellt. Diese besagen wie oben zitiert, dass die türkische Regierung sich verpflichtend dazu bereit erklärt hat, keine subversiven Intentionen zu verfolgen. Sprich die „Souveränität, Unabhängigkeit, Einheit und territoriale Integrität der Arabischen Republik Syrien“ zu wahren.

In Anbetracht der oben ausführlich geschilderten Sachlage, kann schlussfolgernd angemerkt werden das die Erdogan-Administration alles daran setzt das Astana und Sochi-Format zu untergraben. Ankaras zweigleisige Agenda ist längst entlarvt.

Verf.R.R.

Kommentar verfassen