Syrien-Idlib: PR-Siege sind das einzige was Ankara geblieben sind

Ankara legt sich derweil mächtig ins Zeug um sein eigens herbeigeführtes Fiasko in Syrien, als militärischen Meilenstein in die Annalen eingehen zu lassen.

Echtzeit-Revisionismus ist das tragende Instrument, auf das zurückgegriffen wird, um Niederlagen als Siege zu verkaufen. Im 21.Jahrhundert spielt sich der Informationskrieg vorwiegend im Internet ab. Die Mainstream-Medien sind zumeist nur noch Amplifikatoren für das, was etwa in den sozialen Netzwerken den politischen, militärischen oder gesellschaftlichen Diskurs bestimmt.

Am Beispiel des Syrien-Konflikts wird diese Erkenntnis deutlich erkennbar. Sind es doch CNN & Co., die sich fast über eine Dekade hinweg auf unverifiziertes online-Foto und Videomaterial berufen, um den importierten Jihad als Bürgerkrieg zu verklären. Türkische Leitmedien machen da keine Ausnahme. Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit, sagte ein weiser Mann einmal.

Bekanntlich hat die Erdogan-Administration so einiges in die Waagschale geworfen, um den Untergang der syrischen Al-Qaida abzuwenden. Militärisch und Medial.

Daheim nicht so recht erklären könnend, was es mit dem neu aufgeschlagenen Kapitel in Syrien auf sich hat, war die AKP regelrecht dazu verdonnert ein Ambiente auszukochen, welches „hinlängliche“ Rechtfertigungen für die jüngste Eskalation liefern sollte.

Schließlich handelte es sich diesmal nicht um fingierte Terrorismus-Bekämpfung, wie im Falle der Militärkampagnen gegen die kurdischen YPG/SDF, sondern um zynische Schützenhilfe für dutzende geächtete Al-Qaida Ableger.

Terroristische Vereinigungen die vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und den USA, Russland und der Türkei selbst als solche eingestuft werden.

Da Erdogan sich dazu entschieden hatte direkt ins Kampfgeschehen einzugreifen, mussten vor heimischer Kulisse Vorwände geschaffen werden, die jene überstürzten Schritte halbwegs nachvollziehbar darstellen sollten.

Die in der türkischen Gesellschaft einen hohen Stellenwert genießenden landeseigenen Streitkräfte, als Schutzstaffel für einschlägig bekannte Jihadisten-Kollektive abzustellen, ist eine höchst unredliche Maßnahme.

Doch offenbar erhoffte die AKP sich dadurch, dass Damaskus und Moskau abgeschreckt würden Terroristen aufs Korn zu nehmen. Weit gefehlt! Oder der türkischen Regierung ist pragmatisches Kalkül vorzuwerfen. Sprich sie hat es vermutlich in Kauf genommen, dass ihre Truppen in die Schusslinie geratens und gar daran draufgehen.

In Anbetracht des symptomatischen Aufruhrs der in türkischen Regierungskreisen zu vernehmen war, als allmählich durchsickerte das tagtäglich türkische Soldaten getötet werden, drängt sich der Verdacht auf das die AKP es auf einen dahingehenden Status Quo angelegt hat.

Das Ruder für die Al-Qaida im letzten Moment herumzureißen, bedurfte einer Coverstory welche das Narrativ füttert das besagt, dass syrische Regierungskräfte ihre türkischen Gegenstücke vorsätzlich unter Beschuss nehmen.

Um jene Effekthascherei halbwegs plausibel herüberzubringen, waren aus Sicht der AKP-Regierung unglücklicherweise eigene Verlustzahlen unabdinglich. Wie sonst hätte sie das Vermögen aufbringen sollen internationale Wellen zu schlagen, um die NATO und die USA mit in den Höllenschlund Idlib hineinzuziehen?

Das Ableben türkischer Wehrpflichtiger eröffnete Ankara ein winziges Zeitfenster, seine Waffen gegen die syrische Armee sprechen zu lassen. Eine ad-hoc herausposaunte Militäroperation mit charakteristischen Aufhänger (Operation Frühlingsschild), ging jedoch, angesichts der höchst erzürnten Gegenseite, mächtig in die Hose.

Das wahnwitzige von Erdogan an Damaskus gestellte Ultimatum, sich von den kürzlich zurückeroberten Gebieten in Süd-Idlib und West-Aleppo bis Ende Februar zurückzuziehen, nährte sich seinem Ende, und syrische Regierungskräfte rückten weiter voran.

Woraufhin türkische Besatzungstruppen grünes Licht bekamen, vereinzelte Stellungen der syrischen Armee zu attackieren. Für einige Tage ließ Ankara keine Observations, sondern Kampfdrohnen im Luftraum über Idlib ausschwärmen. Was der türkisch gestützten Al-Qaida-Allianz ein kurzweiliges Momentum, und damit einhergehende augenblickliche Pyrrhussiege bescherte.

Hingegen zogen kaum Stunden ins Land, ehe die syrische Luftabwehr sich auf die neuartige Problematik eingeschossen hatte, und die unbemannten Luftfahrzeuge von Erdogans Schwiegersohn in Scharen vom Himmel holte. Sobald diese luftgestützte Gefahrenquelle eingedämmt war, sah es für die Jihadis am Boden nicht mehr so rosig aus. Es war nur eine Frage von Stunden, bis die syrisch-Militärmaschinerie Ankaras Stellvertreter in die Flucht schlug, und die Gebietsverluste revidierte.

Im Brennpunkt jener geschichtsträchtigen Gefechte, stand die Befreiung der strategischen Stadt Saraqib in Süd-Idlib. Wer dieses Gebiet beherrscht, übt Kontrolle über Teilabschnitte der M4 und M5-Trassen aus.

Unmittelbar nach dem das städtische Areal gesichert wurde, rückte russische Militärpolizei ein um türkischen Truppen den Riegel vorzuschieben.

Erdogans kurzatmiger Luftkrieg, endete in einem weiteren Debakel. Militärische Errungenschaften gleich null. Er klammerte sich an jeden Strohhalm, und sah den einzigen Ausweg darin sich erneut den Russen zuzuwenden, um zumindest an der diplomatischen Front punkten zu können.

Doch auch dies sollte nicht, nach seinen Vorstellungen entsprechend von statten gehen. Zwar empfing der Kreml den selbsternannten Sultan von Idlib, doch abgesehen von einer weiteren belanglosen Feuerpause, war nichts von den Russen abzugewinnen.

Trotz all dieser demütigenden Ereignisse, gibt die AKP sich dennoch als unanfechtbarer Sieger dieses Duells aus, und behauptet obendrein das sie beispiellose militärische Erfolge vorzuweisen hat.

Wie eingangs darauf hingedeutet arbeiten Ankaras mediale Propagandaorgane auf Hochtouren, um die Kriegsmärchen mit dilettantisch fabrizierten visuellen Beweisen auszustatten.

Inmitten des kaum verspürbaren Verlaufs der Operation Frühlingsschild, haben türkische Regierungsvertreter unentwegt astronomische Verlustzahlen der Gegenseite bekanntgegeben. Angesichts dieser überproportionalen Angaben, geriet die AKP unter dringenden Zugzwang. Die abstrusen Verkündungen mussten in irgendeiner Form belegt werden.

Zwecks jener PR-Kampagne, ist das dubiose Medium Clash-Report akkreditiert worden. Das sich als Beobachtungsstelle ausgebende Propagandaorgan, ist zur führenden Medienstelle für die Dokumentation, von vermeintlichen türkischen Angriffen auf die syrische Armee, angeheuert worden.

Nur das Problem bei Clash-Report ist, das es in der hauseigenen Redaktion nicht mit rechten Dingen zuzugehen scheint. Das Medium legt entweder selbst Hand an, oder bekommt von dem türkischen Verteidigungsministerium, fortwährend manipuliertes Videomaterial zugespielt.

Bemerkenswert geringwertig verfälschte Videoproduktionen, die den Anschein erwecken sollen, dass die türkische Armee in Syrien mächtig aufgeräumt hat.

Erdogan will seine Bevölkerung offenbar im Glauben lassen, dass sein tobsüchtiger Ausraster im Nachbarland, vorteilhaft für die Türkei wäre. Nach orwellscher Manier verwendet der türkische Staatspräsident stets Oxymorons, um seine bizarre Denkweise zu erörtern. Ein Krieg gegen die syrische Armee, ließe den Frieden wieder heimkehren, so der Sultan.

Um die Fassade seiner „übermächtigen“ Streitkräfte aufrechtzuerhalten, tendiert er gar zur Hochstaplerei. Im Zuge der Selbstbeweihräucherung, stellte Erdogan jüngst die Behauptung auf, dass während der aktiven Phase der kaum vermerkbaren Operation Frühlingsschild, mehrere russische Pantsir-1 Luftabwehrsysteme durch türkische Drohnen-Angriffe zerstört worden seien. Genaugenommen acht an der Zahl.

In Idlib haben wir durch die Unterstützung unserer Kampf-Drohnen, acht Pantsir-Systeme zerstört. Dies sind sehr aufwendige, und wichtige Luftabwehrsysteme,“ so Erdogan.

Indes hat das russische Verteidigungsministerium Erdogans Fantastereien kommentiert. Es läge mehr als eine „Überschätzung“ vor. Die Daten die der türkische Staatschef erhalten haben will, entsprächen nicht der Wahrheit. Das Ministerium fügte hinzu das im Gesamtraum Idlib, lediglich 4 Pantsir Systeme stationiert seien. Von denen zwei beschädigt worden seien, und derweil einer Reparatur unterzogen würden, um zeitnah ihre Einsatzfähigkeit zurückzuerlangen. Das Gros der Luftabwehrsysteme, protektiere die syrische Hauptstadt Damaskus.

Erdogans laut den Russen an den Haaren herbeigezogene Angaben, berufen sich offensichtlich auf das von Clash-Report verbreitete Videomaterial. Kurioserweise hat das Propagandaorgan in den vergangenen Tagen mehrfach Material veröffentlicht, jenes explizit Luftschläge auf Pantsir-1 Systeme veranschaulichen will.

Kohärent haben türkische Leitmedien sich zur Aufgabe gemacht, russische Luftabwehrsysteme zu diskreditieren. Obwohl ihre Regierung unbedingt an dem S-400 Deal mit Russland festhalten will. Was inmitten der irreführenden Medienschelten, zweifelsohne untergegangen ist. Anhand dieser selbstschädigenden Verspottung, erwägt die Erdogan-Administration ihr militärisches Totalversagen in Syrien, so weitgehend wie möglich zu kompensieren. Es geht nicht mehr um die Wahrheit, sondern nur darum welches Bild nach außen hin transportiert wird.

Um diese Fata-Morgana fortlaufend beständig zu halten und Erdogans Tagträume zu verwirklichen, hat Clash-Report erneut tief in die Trickkiste gegriffen. Am 11.März hat die vermeintliche Beobachtungsstelle einen weiteren aufgepeppten Videoclip veröffentlicht, der eine Zerstörung eines Pantsir-1 darstellen soll.

Es bedarf keiner spezifischen Gabe um, auch bei dieser offensichtlich getürkten Darbietung, auf hervorstechende Merkwürdigkeiten zu stoßen.

In dem schwarzweiß Video ist zu sehen, wie ein nicht genau zu definierendes Vehikel, von dem behauptet wird es handele sich um ein Pantsir, von einem grellen Lichtblitz völlig unerkenntlich übertönt wird, und wie nach einem Nuklearschlag urplötzlich verschwindet. Es scheint zumindest so.

Bei genauerem hinsehen fallen einem zudem zwei Raketenabschüsse auf, deren Mündungsfeuer lediglich wahrzunehmen sind. Das dargebotene Schauspiel mutet an, dass zwei verschiedene Videos miteinander verschmolzen worden sind.

Wie sonst wäre der visuelle Effekt möglich, der aufzeigt das das vorgeblich getroffene Fahrzeug, sich zu pulverisieren scheint, und simultan zwei Geschosse abfeuert.

Desweiteren hat Clash-Report, oder der Urheber dieser dilettantischen Produktion, abermalig nicht darauf geachtet bei der visuell implizierten Explosion darauf zu achten, nicht nur identische Trümmerteile zu verwenden. In diesem Falle gleichen die herumfliegenden Fragmente, exakt gleichgearteten Möwen. Nach allen Regeln physikalischer Gesetze, ist so etwas schier unmöglich. Oder sind sie etwa der Auffassung das eine zersprungene Flasche, fast ausschließlich identische Glasscherben hinterlässt?

Das Pantsir-1 hat es Clash-Report offenbar arg angetan. Zumal das Portal bereits einige kompromittierende Videos in den Umlauf gebracht hat, die ähnliche Merkmale aufweisen. Wie beispielsweise das unten angeführte, das sich beim zuschauen selbst erklärt.

Weitere propagandistische Fehltritte von Clash Report finden sie hier.

Ankara fechtet seine Schlachten scheinbar nur noch imaginär aus. PR-Siege sind das einzige, was der Erdogan-Administration geblieben sind.

Verf.R.R.

2 Kommentare

Kommentar verfassen