Ankara und Washington überworfen wegen „Sicherheitszone“ in Nord-Ost-Syrien?

Ankara und Washington feilschen darum, wie sie einen gemeinsamen Weg finden den Nordosten Syriens offiziell zu annektieren. In der geopolitischen Terminologie umschreibt man derart gestrickte Intentionen, als unabdingliche Sicherheitszonen. Im Rahmen der zeitnahen Etablierung einer solchen Zone, fanden in den vergangenen Wochen zwischen den beiden NATO-Partnern einige fruchtlose Konsultationen statt. Angesichts der amerikanischen Affinität mit jedem ins Bett zu springen, der Potenzial aufweisen könnte geopolitische Vorgänge zu Gunsten der USA zu manövrieren, fühlt sich die Türkei vor den Kopf gestoßen. Denn Ankaras teils berechtigte Besorgnisse hinsichtlich den US-gestützten kurdischen Syrisch Demokratischen Kräften, jene nur einen Steinwurf von der türkisch-syrischen Grenze stationiert sind, scheinen Washington nicht im geringsten zu tangieren, auch wenn es dies andauernd öffentlich beteuert. Während die türkische Regierung eine kompromisslose Vorgehensweise anstrebt, und die vollständige Entwaffnung und den unmittelbaren Rückzug der SDF von den Grenzgebieten fordert, will die Trump-Administration es offenbar gemächlicher angehen lassen, und unterbreitet allerhand Szenarien die Ankara zwar nicht zufrieden stimmen dürften, doch außer hingehalten werden nichts unternehmen kann, da man sich in keiner Position befindet um auf die Amerikaner Druck auszuüben, auch wenn einige Stimmen davon ausgehen mögen.
Ankaras unentwegt gebluffte Proklamationen zeitnah im Nordosten Syriens einzufallen um sich den SDF-Kräften anzunehmen, bringen dennoch hin und wieder etwas Bewegung ins Spiel. So machte sich der amerikanische Sonderbeauftragte für Syrien, James Jeffrey, jüngst samt einer Delegation in die Türkei auf ,um dortig anhand von Hinhaltetaktiken Überzeugungsarbeit zu leisten, und das zwischendurch in Vergessenheit geratene Thema der geplanten „gemeinsamen Sicherheitszone“ aufzuwärmen. Jeffreys Vorschläge für die Rahmenbedingungen jener Zone, sind augenscheinlich weder hinreichend noch im geringsten zufriedenstellend für die AKP-Regierung, da jene indes öffentlich kundtat das der bisherige Sachstand inakzeptabel sei, und man die Vision der Amerikaner nicht teile. Ankara schwebt vor die alleinige Domina der einverleibten Grenzgebiete zu sein, wohingegen die USA erwägen ein ausgewogeneres Klima zu schaffen das mehrere NATO-Akteure beinhaltet, und nicht vorsieht den Dorn im Auge der Türkei zu entfernen, sprich die SDF nicht entwaffnet oder angehalten werden sollen sich vollends zurückzuziehen. Überschüttet man etwa die kurdischen Milizen weiterhin mit schwerem Militärgerät um Ankara unter die Nase zu reiben das es unterlegen ist und in Anbetracht seiner eigenen Liaison mit terroristischen Kollektiven es nicht zu weit treiben sollte? Denn genau jenes tun die USA derweil und beliefern die SDF weiterhin mit allerhand Waffen und Ausrüstung, obwohl die eigentliche fadenscheinige Mission zur Vernichtung der ISIS doch angeblich längst erfüllt sein sollte.
Wie gehabt deckt sich das amerikanische Narrativ, nicht mit den Tatsachen. Obwohl aufgrund des Debakels in Syrien sich immer weiter ins Abseits befördernd, weist die Türkei immer noch nicht genügend Umsichtigkeit auf, und ist weit davon entfernt profunde Prognosen anzustellen um zu ermitteln was sich schädlich auf ihre eigene Reputation auswirkt, und vor allem wann der Zeitpunkt gekommen ist, sich von unerreichbaren oder fatalen Zielen abzuwenden. Diverse hochrangige amerikanische Regierungsvertreter haben durchklingen lassen, das sich Ankara und die Al-Qaida gar im selben Boot befinden.
Jene Weckrufe kamen nicht von ungefähr, und entkräften Ankaras Aufschreie in Bezug auf die geostrategische Ehe zwischen den USA und kurdischen Terroristen-Fraktionen. Selbst den weltweit größten Al-Qaida Ableger tatkräftig unterstützen, und von anderen verlangen jenes Gebaren zu unterlassen. Dies ist die Definition für Heuchelei! Von jemandem verlangen etwas einzustellen, was man selbst mit voller Inbrunst begünstigt. Eben jene Doppelzüngigkeit ist die Ursache dafür, das man der AKP-Regierung in Sachen Terrorismus-Bekämpfung keine Seriosität zuschreiben kann. Ankara meint nach Belieben entscheiden zu können, welche Terroristen-Gruppierungen eine Bedrohung darstellen und welche nicht. Während alle kurdischen Fraktionen und die längst am Tropf hängende ISIS in den Augen der AKP die terroristischen Kriterien zu erfüllen scheinen, verhält es sich mit der Hayat Tahrir al-Sham (HTS, Al-Nusra, Al-Qaida) wesentlich anders, obwohl man sich gezwungen sah mit den USA gleichzuziehen, und die HTS als Terroristen-Organisation einstufte. Wie Ankara hingegen erklären will das jene HTS an türkische TRT-World Journalisten Auszeichnungen verleiht, bleibt fraglich. Kurzum Ankara hat sein Glashaus längst mit Steinen kaputt geworfen.
Um daheim weiterhin den starken Mann zu spielen, und seine dahinschwindende Wählerschaft am Ball zu halten, beabsichtigt der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan, den konservativen Patriotismus aufflammen zu lassen, indem er keifend postuliert und proklamiert das die Türkei dazu entschlossen sei, den Nordosten Syriens von SDF-Terroristen zu säubern, unabhängig vom Ergebnis der Gespräche bezüglich der anberaumten Sicherheitszone. Viel Lärm um Nichts! Erdogan ist sich in voller Gänze bewusst, das er blufft und mitnichten vermag seine Jihadis von der Leine zu lassen, um in den von Kurden besetzten Regionen einzufallen, solange auch nur ein US-Soldat zugegen ist. Und da die Realität nun mal so aussieht und sich derweil Hundertschaften amerikanischen Militärpersonals vor Ort aufhalten, wird über kleine Zusammenstöße und Scharmützel in der Peripherie jener Gebiete, nichts hinausgehen. Erst neulich traf ein weiterer US-Militär-Konvoi in der Grenzregion ein, um den Türken vermutlich nahezulegen, das sie sich jedwede Offensive auf die kurdisch besetzten Gebiete abschminken können. Zum großen Angriff wird der Sultan nicht blasen können. Demzufolge ist zu erwarten, das sich das langgezogene gar vorgegaukelt anmutende Hickhack, auf nicht absehbare Zeit hinziehen wird. Womit einhergeht das die ohnehin beständige Zwickmühle weiter ausgereizt wird, und unter jenem Vorwand die illegitimen Präsenzen der jeweiligen Streithähne konsolidiert werden.
Die amerikanisch-türkischen Bestrebungen zur Schaffung einer „Sicherheitszone „, stimmen nicht mit Ankaras Beteuerungen überein, die territoriale Integrität Syriens wahren zu wollen. Nicht miteinander vereinbarende Intentionen, jene die türkische Führung zunehmends in Erklärungsnot bringen. Wie man gedenkt jenes unmögliche Unterfangen ferner auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen, also wie die Türkei es schaffen will den Okkupant abzugeben, und gleichzeitig die Unverletzlichkeit des syrischen Hoheitsgebiets achten möchte, ist schleierhaft. Das Astana-Format ist mit Bravur gescheitert. Die Türkei vermochte es nicht auch nur eine Auflage der trilateralen Abmachung (Russland, Iran, Türkei) umzusetzen, geschweige denn den Anschein zu erwecken das sie dazu bereit ist. Moskau und Teheran haben mehrmals dumm aus der Wäsche geguckt, als Ankara nach gemeinsamen Konsultationen und Unterzeichnungen zahlreicher Abschlusskommuniques, genau das Gegenteil tat, und anstatt wie obligiert den Terrorismus in Syrien in all seinen Farben und Formen auszuräuchern, der HTS mehr Macht verschaffte als je zuvor, und etliche jihadistische Fraktionen formierte jene mit dem dominanten Al-Qaida Ableger verschmolzen und derweil eine islamistische Einheit bilden. Die Türkei sowie die USA sind ungebetene Gäste in Syrien, jene nach internationalem Recht schon morgen das Land verlassen müssten. Nun maßen sich die zwei Urheber des Chaos und Leids zudem noch an territoriale Gebietsansprüche geltend zu machen, und jene schleichend voranschreitende Annexion als Sicherheitsmaßnahme zu verkaufen. Verständlicherweise ist Damaskus not amused darüber. Das syrische Außenministerium ließ indes verlautbaren ,das es die Pläne für jene amerikanisch-türkische Sicherheitszone kategorisch zurückweise, da sie eine eklatante Aggression gegen Syriens nationale Integrität und Einheit darstellten. Das libanesische Nachrichtenportal Al-Masdar-News beruft sich auf eine Quelle jene der Auffassung sei, das die von dem „türkischen Regime “ propagierten Vorwände unter dem Deckmantel seine nationale Sicherheit beschützen zu wollen, von der Verhaltensweise und der Politik jenes „Regimes“ widerlegt würden.
Obwohl Ankara von Washington nicht wie ein ebenbürtiger Partner, sondern wie ein notwendiges Übel behandelt wird, und der Türkei gar vorgeschrieben wird mit wem sie über das geopolitische Parkett schlittern darf , will die AKP-Regierung in Sachen Syrien die Amerikaner mit an Bord haben. Lediglich der Besänftigung halber heißt es auf türkischem Boden, das man am liebsten sehen würde das die USA aus Syrien abzögen, um den Syrisch Demokratischen Kräften (SDF) den Garaus machen zu können. Doch will Erdogan dies wirklich? Nehmen wir mal an er befände sich in einer Position, innerhalb von kürzester Zeit sein angebliches Problem aus der Welt zu schaffen, welcher Vorwand bliebe ihm dann noch um die ohnehin illegitime Okkupation fortzusetzen? Schließlich soll die kurdische Nemesis doch der hauptsächliche Grund, für Ankaras militärisches Einschreiten im Nachbarland sein. Doch jene Präsenz beinhaltet gleichzeitig die Möglichkeit, neo-osmanische Ambitionen weiter zu verfolgen. Sprich Einverleibungen syrischer Grenzgebiete, wie es derweil von der Türkei fleißig praktiziert wird. Insofern kann man sich nicht so sicher sein, ob Erdogans permanent erfolgende Proklamationen die SDF „zu begraben“, ernst gemeint sind.
Verf.R.R.
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