Fall-Kashoggi- USA und Türkei vertreten allmählich saudische Version der Ereignisse. MBS wäscht seine Hände in Unschuld

Entgegen der groß angekündigten zeitnahen Preisgebung von aufschlussreichen Beweisen die den Hergang des Mordes an dem saudischen Dissidenten Jamal Kashoggi näher erläutern sollen, vermied der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan, in seiner Ansprache vor dem Parlament in Ankara das Königreich Saudi-Arabien für den Auftragsmord zu bezichtigen.
Der in etlichen türkischen Medienberichten von angeblichen Audio und Videoaufnahmen hergeleitete Tatbestand, ist von Erdogan ausgeblendet worden, was nahelegt das hinter den Kulissen die Verhandlungen zwischen den Türken und den Saudis noch nicht abgeschlossen sind.
Für Ankara ist der Mord an Kashoggi ein gefundenes Fressen, da es alle Trümpfe in der Hand hält die der internationalen Krise Auftrieb geben. Jeder weitere veröffentlichte Beweis für den Mord an dem Journalisten ist ein weiterer Sargnagel für das kaum plausible saudische Narrativ.
Die Türkei fordert gewisses Entgegenkommen, um dementsprechend für die USA und Saudi-Arabien eine seichtere Gangart an den Tag zu legen. Ergo von allzu kompromittierenden Offenbarungen abzusehen um den Prestige-Schaden für das Königreich in Grenzen zu halten.
Erdogans jüngste Stellungnahme hatte nichts aufzubieten, außer den Fakten die ausführlich in den Medien dargelegt wurden. Das die Verantwortlichen für den Mord an Kashoggi zur Rechenschaft gezogen werden müssen, steht außer Frage und das die ganze Sache im Voraus geplant gewesen sein soll, ist auch keine Neuigkeit.
Der türkische Präsident forderte von dem König des saudischen Regimes Rechenschaft walten zu lassen, womit er womöglich andeutete das er das Königreich nicht in Frage stellt und dazu tendiert die Geschichte zu vertreten das “abtrünnige Elemente” auf eigene Faust gehandelt und die saudische Führung hintergangen hätten.
Zunächst sieht es so aus das Ankara davon absieht die Bombe platzen zu lassen. Insbesondere auf die stetig in türkischen Medien hingewiesenen Audioaufnahmen von dem gesamten Szenario des Mordes im Generalkonsulat in Istanbul, ist die ganze Welt gespannt.
Wird es soweit kommen und wir werden die gesamte Wahrheit erfahren, oder wird der Vorwand heißen man könne das Material nicht enthüllen um den Familienangehörigen des ermordeten Journalisten nicht zu nahe zu treten?
Oder wird man nach amerikanischer Art die nationale Sicherheit als Beweggrund anführen? Die Bandbreite an Informationen die die Türkei in den kommenden Tagen und Wochen durchsickern lassen wird, hängt von der Konzessionsbereitschaft der Amerikaner und Saudis ab. Quit pro quo!
Momentan mutet es an das die Troika (USA, Türkei, Saudi-Arabien) zu einer Übereinkunft gekommen ist. Das saudische Narrativ in Bezug auf die Drahtzieher des Auftragsmordes findet allmählich Anklang bei der Türkei und den Vereinigten Staaten.
Dies legt die reservierte Haltung Erdogans nahe, der in seiner Rede vor seinem Parlament nicht einmal den Namen des Kronprinzen von Saudi-Arabien in den Mund nahm. Mohammed Bin Salman, MBS, scheint nun doch heil aus der Sache zu kommen.
Der schwer in Verruf geratene Kronprinz behauptet von sich keinen blassen Schimmer gehabt zu haben das sich diverse seiner engsten Berater und Funktionäre in die Türkei begaben um Jamal Kashoggi zu beseitigen.
Im Vorfeld der Rede Erdogans gaben in türkischen Medien zitierte Quellen preis das MBS den saudischen Journalisten versucht haben soll am Telefon zu beschwichtigen ins Königreich zurückzukehren. Nachdem Kashoggi argumentiert habe das er befürchte in Saudi-Arabien inhaftiert und getötet zu werden, und das Gespräch beendet wurde, soll der Journalist unmittelbar daraufhin ermordet worden sein.
Mohammed Bin Salman versucht sich derweil medienwirksam, als schockierten und zu tiefst erschütterten Monarchen zu präsentieren. Kürzlich fand ein Treffen zwischen MBS und Kashoggis Familie statt. Woraufhin Bilder von einem Handschlag zwischen dem Kronprinzen und dem jüngsten Sohn von Jamal Khashoggi in die Medien lanciert wurden. Ein Bild sagt mehr aus als tausend Worte, man beachte die vor Angst erstarrte Haltung von Khashoggis Sohn auf dem Foto unten.
Look at the eyes of #Khashoggi's son who met today with his father's assassin, the MBS. pic.twitter.com/p1ZCqxHl8C
— Kevork Almassian (@KevorkAlmassian) October 23, 2018
Ferner verlautete es aus den Medien das MBS den türkischen Präsidenten, Recep Tayyip Erdogan telefonisch kontaktiert habe, um “gemeinsame Bemühungen zu besprechen und in Bezug auf den Mord an Khashoggi alle Aspekte aufzuklären”.
Einige Stunden später bezog der saudische Kronprinz erstmalig öffentlich Stellung zum Schicksal Kashoggis. MBS ließ während einer Diskussionsrunde auf der Zukunfts Investment Initiative Wirtschaftskonferenz ( in Fachkreisen auch Davos in the Desert genannt) verlauten, das er bestürzt über die Geschehnisse sei und bezeichnete diese als “abscheuliches Verbrechen”.
Die Täter würden zur Rechenschaft gezogen und die saudischen Behörden würden alles notwendige zur Aufklärung beitragen, so der saudische Monarch. Überdies merkte Bin-Salman an, das man diese “schmerzliche Sache” versuche auszunutzen um einen “Keil zwischen die Türkei und Saudi-Arabien” zu treiben.
Dies werde jedoch nicht geschehen, da es einen “König Salman bin Abdulazziz “und einen Kronprinzen-Mohammed-Bin Salman, und den türkischen Präsidenten Erdogan gebe. Woraufhin in dem Plenarsaal Ovationen ausbrachen, von einer überwiegend saudischen Audienz.
Auf die Aussage von MBS lässt sich schließen, das von saudischer Seite Zugeständnisse gemacht wurden die die richtungsweisenden medialen Vorstöße der Türken relativieren werden.
Während der Kronprinz Saudi-Arabiens auf der Geldgeberkonferenz sich zu Kashoggis Mord und ökonomischen Themen in Bezug auf seine Vision 2030 Agenda äußerte, war ironischerweise auch Saad al-Hariri als geladener Sprecher anwesend. Der libanesische Premierminister wurde Ende vergangenen Jahres gegen seinen Willen im Königreich Saudi-Arabien festgehalten, und dazu forciert vom Königreich aus seinen Rücktritt einzureichen, mit der Begründung das die Hisbollah im Libanon nach seinem Leben trachten würde.
Hariri verkündete in einer von dem saudischen Staatssender Al-Arabiya ausgestrahlten Stellungnahme, das der Iran für die Unruhe im Libanon und dem Nahen-Osten die Verantwortung trage. Hariri war aufgrund internationalen Drucks in der Lage in den Libanon zurückzukehren und widerrief umgehend seinen Rücktritt.
Der anscheinend über alles stehende Kronprinz, ließ es sich nicht nehmen auf die damalige Entführung Hariris einzugehen und erlaubte es sich einen Scherz zu machen der von der Audienz mit Gelächter und Applaus untermalt wurde “Ich hoffe das es keine Gerüchte geben wird das er gekidnappt wurde denn er befindet sich die nächsten zwei Tage noch hier.”
Dies war der krönende Abschluss der Diskussionsrunde. Trotz der auf Kashoggis Mord basierenden internationalen Aufschreie haben die Saudis auf der Geldgeberkonferenz milliardenschwere Verträge abschließen können.
Die Nachrichtenagentur Reuters hat in einem Artikel alle Identitäten des saudischen 15 köpfigen Mordkommandos preisgegeben und deren Professionen näher erläutert. Ein Verdächtiger namens Saud al-Qahtani, 40, sei die rechte Hand von Mohammed Bin Salman gewesen, und die prominenteste Person die in den Mord an dem Journalisten involviert sein soll.
Qatani gehörte zu dem innersten Sicherheitskreis des Kronprinzen, und wies in dessen Namen hochrangige Amtsträger im saudischen Sicherheitsapparat an. Er war ferner damit beauftragt worden den katarischen Einfluss in den sozialen Medien zu entgegnen.
Laut Reuters habe Qahtani versucht Kashoggi aus dem Exil in Washington, zurück nach Saudi-Arabien zu locken. Eine weitere von der Nachrichtenagentur hervorgehobene Person von Interesse ist Maher Mutreb ein General und Gehilfe von dem oben erwähnten Qahtani.
Mutreb ist ein hochrangiger Nachrichtendienstoffizier und teil des Sicherheitsteams des Kronprinzen. Laut eines vorgesetzten saudischen Amtsträger sei Mutreb der Verhandlungsführer in dem Konsulat gewesen.
Er sei für diese Mission in Istanbul auserkoren worden da er Kashoggi bereits aus ihrer gemeinsamen Zeit in der saudischen Botschaft in London kannte, so der Amtsträger.
Maher Mutreb soll Kashoggi sehr gut gekannt haben, und sei somit die beste Option gewesen um Kashoggi zu überzeugen die Heimkehr anzutreten. Dem saudischen Amtsträger zufolge habe Mutreb gegen 13:25 Uhr Kashoggi im Büro des saudischen Generalkonsuls empfangen, wo er umgehend damit begonnen haben soll ihn zu bedrängen zurück nach Saudi-Arabien zu kehren und behauptet habe das er von Interpol gesucht würde.
Kashoggi soll daraufhin erwidert haben das Mutreb gegen diplomatische Normen verstoße und ihn gefragt haben ob er geplant habe ihn zu kidnappen. Mutreb soll mit “Ja” geantwortet haben um Kashoggi einzuschüchtern, hieß es.
Türkische Ermittler haben indes den schwarzen Mercedes Van sicherstellen können, von dem die Behörden ausgehen das Kashoggis Leichnam darin befördert worden sei. Zudem sind Medienberichte erschienen die verlauten ließen das sterbliche Überreste von dem Journalisten in einem Brunnen im Garten des Hauses vom saudischen Generalkonsul aufgefunden worden seien, was bisher jedoch nicht offiziell bestätigt wurde.
Verf.R.R.