Syrien: Aktuelles aus Idlib

In der vergangenen Woche beschlossen die Türkei und Russland eine entmilitarisierte Zone in Idlib zu schaffen, die angeblich eine militärische Konfrontation zwischen der syrischen Armee und Terroristen ad acta legen soll.
Die Zone soll bereits in drei Wochen vollständig von Terroristen-Kollektiven gesäubert sein, und schwere und mittelschwere Waffen sollen ebenfalls bis zu diesem Zeitpunkt abgezogen sein.
Kritische Stimmen bezweifelten seit Bekanntwerden des fraglichen Plans, dessen Umsetzung. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan behauptete jüngst das der Abzug von der Hayat Tahrir al-Sham (HTS, Al-Nusra, Al-Qaeda) und ihren Klonen bereits begonnen habe, ohne zu spezifizieren von welchem Kollektiv die Rede ist.
Dem widersprach die vom Westen des öfteren zitierte Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR), die mitteilte das die in der besagten Zone ansässigen Dschihadisten-Fraktionen bisher keine Anstalten machen würden, sich wie vorgesehen aus der Zone zurückzuziehen.
Ferner gäbe es keine Anzeichen dafür, das weder schwere noch mittelschwere Waffen abgezogen würden. Laut der SOHR hätten Al-Qaida Ableger wie die HTS und Horas al-Din mehrere Stellungnahmen veröffentlicht, denen zufolge jegliche Form von Kapitulation geschweige denn Rückzug verweigert würde.
Indes teilte die iranische Nachrichtenagentur FARS-News unter Verweis auf Sputnik-Arabic mit, das ortsansässige Quellen bekannt gaben, das Ankara mehrere ausländische Terroristen-Kommandeure samt ihren Familien aus der Stadt Jishr al-Shugour in Idlib und Nord-Lattakia,in die Türkei transferiert hätte.
Überdies sollen mehrere HTS-Kommandeure und lokale Mitglieder der Organisation in der Lage gewesen sein aus den Städten Sarmada und Atmehin in die Türkei zu fliehen, indem sie einem türkischen Geschäftsmann hohe Geldsummen zukommen ließen. Von $10 000 für einen Kommandeur und $5000 für rangniedere Militante war die Rede.
Zudem ließen die Quellen verlauten das ausländische Terroristen immer noch in Dörfern, Städten und besetzten Stellungen stationiert seien, und fügten hinzu das die ausländischen Fraktionen wie die Islamische Turkestan Partei (TIP) Ajnad al-Qoqaz und Horas al-Din ihre militärische Bereitschaft verstärkt haben sollen, um die syrische Armee zu bekämpfen.
Desweiteren berichtete FARS-News unter Berufung auf Quellen aus den Kreisen von Terroristen-Kommandeuren in Idlib, das der HTS-Kommandeur Mohammed al-Julani zeitnah seine Haltung hinsichtlich des russisch-türkischen Abkommens deklarieren würde.
Die komplexe Lage in Idlib sei laut dem Vizeverteidigungsminister für internationale Sicherheitsangelegenheiten, Robert Karem, aufgrund von Russland und Syrien und ihrer Handhabung von Terroristen entstanden.
“Es gibt keinen Zweifel daran das Idlib zu einem Hornissennest von multiplen Terroristen-Organisationen geworden ist. Bedauerlicherweise ist dies ein Ergebnis des Ansatzes der Russen und des Regimes um Kontrolle am Boden zu konsolidieren. Sie haben Deeskalationszonen und lokal ausgehandelte Vereinbarungen dazu genutzt, um Gebiete in Syrien zu säubern und Idlib zu einer Müllhalde gemacht. Und sie haben den freien Transit von den schlimmsten Terroristen nach Idlib gewährleistet,” so Karem
Diese Schizophrenie ist kaum zu überbieten! Die USA haben unentwegt im Vorfeld von jeglichen Militäroperationen der syrischen Armee, humanitäre Belange angeführt und behauptet das “Assad-Regime” würde rücksichtslos die Oppositionellen ausrotten wollen und dabei in Kauf nehmen Tausende Zivilisten zu töten.
Diesbezüglich drohten die Amerikaner kontinuierlich an militärisch zu intervenieren, sollte ihnen der Verlauf der Dinge nicht zusprechen. Nun lamentiert der oben erwähnte Robert Kamer das die “Russen und das Regime” Kollateralschäden vermieden haben, indem sie Vereinbarungen aushandelten, die dazu führten das US-gestützte Terroristen ins Dschihadisten-Sammelbecken Idlib verfrachtet wurden.
Also hätten Moskau und Damaskus, doch kurzen Prozess machen sollen, oder wie soll man die Dissonanz Kramers auffassen? Schließlich räumte er mit seiner Aussage ein das in Idlib nun “multiple Terrororganisationen” ansässig sind, die zuvor über das ganze Land verstreut waren.
Zuvor hieß es doch dies seien alles “moderate oppositionelle Kräfte” die für ein besseres Syrien kämpfen würden. Nun sind es auf einmal doch die “schlimmsten Terroristen” denen von Russland und Syrien gewährt worden sei, ihre Zelte in Idlib aufzuschlagen?
Interessant anzumerken ist Kramers Beschwerde über die Intention der amtierenden syrischen Regierung ihr Land von Terroristen zu befreien. “Der Ansatz der Russen und des Regimes die Kontrolle am Boden zu konsolidieren” sei der Grund dafür das Idlib ein Paradies für Terroristen sei.
Natürlich vergaß der gute Herr zu erwähnen, wie diese multiplen Terrororganisationen in Syrien landeten, und von wem sie sieben Jahre lang mit Feuerkraft und Finanzmitteln ausgestattet wurden.
Solange die von Kramer hervorgehobenen Dschihadisten-Fraktionen über das ganze Land verteilt waren, sprach man in den USA von “Rebellen” und “Freiheitskämpfern”. Nun ist die Katze aus dem Sack und auch die Vereinten Nationen kamen nicht mehr darum herum die Realität anzuerkennen, und ließen verlauten das sich mindestens 10 000 HTS Terroristen in Idlib befinden.
Diese Einschätzung scheint der US-Oberbefehlshaber nicht zu teilen. Trump verkündete am Rande der UN-Generalversammlung in New-York, gegenüber der Presse das er Idlib bis vor kurzem nicht auf dem Schirm hatte, obwohl er sich im vergangenen Jahr aufgrund eines fingierten C-Waffen-Angriffs in dem Gouvernement dazu entschied Syrien zu bombardieren.
Trump bombed #Syria in retaliation to an alleged chemical attack on Khan Sheikhoun in #Idlib in April 2017. Now he tells us that the first time he ever heard of the existence of Idlib, the Al-Qaeda capital of the world, was 4 weeks ago. Has he been living on Mars or something? 😳 pic.twitter.com/AKUa7pW4ht
— Walid (@walid970721) September 27, 2018
Diese verstörte Attitüde des US-Präsidenten, zeigt deutlich auf das er nicht die Zügel in der Hand hält und die graue Eminenz außenpolitische Entscheidungen mit Tragweite fällt.
Zudem ließen diverse hochrangige russische Amtsträger verlauten das die Bedrohung eines simulierten chemischen Vorfalls immer noch imminent sei. Diverse europäische Staaten sollen den Militanten in Idlib chemische Komponenten zukommen lassen haben, was nahelege das eine Chemiewaffenattacke immer noch bevorstehe. Southfront berichtete diesbezüglich:
Eine weitere Nachricht erreichte uns diese Woche die nichts Gutes für den Norden Syriens erahnen lässt. Die aus Ost-Ghouta expellierte Terroristen-Gruppierung Jaish al-Islam, (Armee des Islams) werde sich der türkisch gestützten Syrischen Nationalen Armee (SNA) anschließen, wie dessen Anführer Essam al-Buwaydhani gegenüber Reuters mitteilte.
Ob sich Russland dies so vorgestellt hat, als es vergangene Woche noch hieß das radikale Gruppierungen aus Idlib verschwinden würden, ist fraglich. Barbarische Massenmörder mit neuen Namen zu versehen bzw in andere dubiose Terroristen-Fraktionen einzugliedern, wird nicht im geringsten was an der gegenwärtigen Lage ändern.
Im Gegenteil, somit genießen Al-Qaeda Ableger den Schutz eines NATO-Mitglieds, das sich nicht im geringsten um die humanitäre Lage schert. Die HTS hieß auch mal Al-Nusra. Die Umbenennungen sind schlichtweg eine Farce, die lediglich darauf ausgelegt ist von Terror-Listen zu verschwinden. Womit die Hayat Tahrir al-Sham bei der Türkei und den USA fast zwei Jahre lang Erfolg hatte.
Nach türkischer Auffassung ist dies anscheinend die so lautstark vertretene Lösung für das Hornissennest Idlib. Dschihadisten und Terroristen zusammentrommeln, um unter einen Dachverband den fortwährenden Kampf gegen Damaskus aufrechtzuerhalten. Wen will Erdogan eigentlich für dumm verkaufen?
Die salafistisch-wahabitische Ideologie löst sich somit nicht in Luft auf! Und diese Kollektive werden ihre zersetzende Agenda fortsetzen. Bleibt abzuwarten wie sich die Dinge vor Ort bis zum 15. Oktober gestalten werden. Bis dahin soll die entmilitarisierte Zone ohne militärische Konfrontation zur Realität geworden sein. Die von kritischen Stimmen mit Skepsis betrachtete Vereinbarung, wird aller Voraussicht nach ein Fantasiegebilde bleiben.
Verf.R.R.