Washingtons Doppelspiel – Eine Analyse

( Foto Flickr )
Während der zwei Jahre des russischen Militärengagements in Syrien konnte Russland zusammen mit der syrischen Armee die Offensive des IS aufhalten und die Terrororganisation an allen Fronten zurückdrängen. Den Kampf gegen den Terror haben sich auch die USA auf die Fahne geschrieben – den großen Versprechungen aber keine realen Taten folgen lassen.
Wie weit die Taten und Worte Washingtons auseinanderliegen, zeigt eine Analyse der russischen Nachrichtenagentur RIA Novosti.

So hatte das russische Verteidigungsministerium am 24. September Luftbilder eines Gebietes nördlich von Deir ez-Zor veröffentlicht, das zu dem Zeitpunkt der Aufnahme unter der Kontrolle der IS-Dschihadisten gestanden haben soll.Auf den Bildern sind zahlreiche Fahrzeuge erkennbar, bei denen es sich um Panzerwagen des Typs Hummer und andere Technik amerikanischer Sondereinheiten handelt.
Auf den Aufnahmen der ehemaligen IS-Stützpunkte, die nun von US-Spezialeinheiten besetzt sind, fehlen offensichtlich jegliche Spuren von Gefechten wie etwa Einschlagkrater von Geschossen und Bomben.
Dies sowie die Tatsache, dass „jede Spur von Wachposten“ fehle, spricht nach Einschätzung des russischen Verteidigungsministeriums dafür, „dass sich alle dort befindlichen US-Militärs auf den von IS-Terroristen besetzten Territorien völlig in Sicherheit fühlen.“
Das russische Außenministerium forderte im Anschluss an die Veröffentlichung der Bilder konsequente Erklärungen von Washington, die allerdings ausblieben.
„Die Tatsache ist leider offensichtlich und äußerst beunruhigend. Und zwar: Wir sehen uns wieder darin bestätigt, dass die amerikanische Seite zwar verbal deklariert, ein Interesse an der Vernichtung des IS und am Sieg über die Terroristen in Syrien zu haben, in der Praxis aber das Gegenteil demonstriert“, kommentiert der russische Vize-Außenminister Sergej Rjabkow die Situation.
Es scheine, dass geopolitische Ambitionen für Washington wichtiger seien, als das öffentlich erklärte Ziel des Anti-Terror-Kampfes, so Rjabkow weiter.
Der russische Militärsprecher Igor Konaschenkow äußerte hierzu, dass die USA mit dem nahenden Ende des IS immer offensichtlicher den Terroristen aktive Beihilfe leisten würden.So hatte RIA Novosti mit Verweis auf eine eigene Quelle aus dem militärisch-diplomatischen Apparat berichtet, dass die amerikanische Luftwaffe bereits im August eine Gruppe von mindestens 20 Feldkommandeuren der IS-Terroristen aus der Region um Deir ez-Zor in den Norden Syriens ausgeflogen habe.
Diese Evakuierung von Terroristen sei zudem nicht die erste ihrer Art gewesen. Ein Vertreter der US-geführten Koalition dementierte diese Meldungen.
Ähnlich ambivalent scheint auch Washingtons Politik gegenüber den Kurden zu sein. Die US-Regierung unterstützt zwar die mehrheitlich kurdischen „Demokratischen Kräfte Syriens“ (SDF), die ohne Zustimmung von Damaskus Militäroperationen in Rakka und Deir ez-Zor durchführen, will ihnen in Syrien aber unter keinen Umständen eine Autonomie gewähren.
Ein weiteres Anzeichen der US-Doppelmoral sind die Waffenlieferungen an verschiedene Akteure der Region.Trotz der Erklärungen des Pentagons, man kontrolliere den „Endempfänger“ der Lieferungen, landen US-Waffen systematisch nicht bei der „syrischen Opposition“, sondern in den Händen der radikalen Terrorgruppen.
Sergej Demidenko, ein russischer Nahost-Experte, erklärt, dass dieses „Doppelspiel“ Washingtons bereits seit langer Zeitan der amerikanischen politischen Tagesordnung sei.
„Es ist der Kern der amerikanischen Politik im Nahen Osten – mal diese unterstützen, mal jene“, so Demidenko.
So würden sie systematisch die innere Opposition in verschiedenen Staaten der Region unterstützen, damit – wenn ein Regime fallen sollte – die Amerikaner gleich eine eigene loyale Struktur in dem Land hätten und das Land führen könnten.
Diese Meinung teilt auch die Beraterin des Direktors des Russischen Instituts für Strategische Forschung, Elena Suponina.
„Offiziell kämpfen die Amerikaner auch gegen die Terroristen in dem Land, aber das Ziel, Assad zu stürzen, hat Washington auch niemals aufgegeben. Nicht selten ‚flirten‘ die Amerikaner daher mit verschiedenen Kräften, darunter radikalen Gruppen, in der Hoffnung, sie später gegen die Regierung von Baschar al-Assad nutzen zu können“, unterstreicht Suponina.
Diese Meinung wird nicht nur von russischen Experten, sondern auch von Fachleuten aus der Region selbst geteilt.Nach Meinung des früheren Chefs des Forschungszentrums der Militärakademie von Gamal Abdel Nasser, General Gamal Mazlum, unterstütze die US-Regierung die syrische Opposition mit dem einzigen Ziel, die syrische Krise möglichst lange bestehen zu lassen.
„Sie streben nicht danach, den notwendigen Druck auf die Opposition und die regionalen Akteure auszuüben, damit sich diese in Richtung einer politischen Regulierung des Konfliktes und eines Endes des Blutvergießens bewegen“, erklärt der ägyptische Experte.